Hotelzimmer von Emma

Sie lächelte über Mayas Sätze. Das war ihre Freundin. Sah immer das Gute in schlechten Situationen. Als sie einen Blick auf die Uhr warf, sprang sie auf. "Wir müssen los, wenn wir mit zum Spiel wollen."

tbc: Lobby

cf: Yacht

In ihrem Zimmer angekommen, trieben ihre Füße sie fast automatisch zur Hängematte. Darin konnte sie sich verkriechen. So lange wie es nur möglich war. Joachim würde sie schon irgendwie aus dem Weg gehen. Zumindest eine Zeit lang. Sie würde ihn verletzten. Nein. Hatte ihn bereits unglaublich verletzt. Wie konnte man auch nur so dumm sein? Selbst wenn sie ihm das sagte, er würde es als Vertrauensbruch sehen. Obwohl seine Seite an nicht erfüllten Versprechungen auch nicht gerade kurz war. Aber das war auch irgendwie schlecht vergleichbar.
Irgendwann kramte sie ihr Handy hervor. Sollte sie jetzt Joachim schreiben? Sie schüttelte den Kopf. Garantiert nicht. Er war woanders beschäftigt. Wie immer. Und gerade jetzt wollte sie ihm eigentlich fern bleiben.
Die Hängematte wurde ihr irgendwann auch zu langweilig. Sie brauchte endlich klare Gedanken. Da viel ihr nur eine Sache ein, die da wirklich half.

tbc: Trainingsraum

Mario und Emma cf: abgelegene Bucht

Mario stolperte immer noch ziemlich unsicher vor sich her und musste sich zwei Mal an Emma festklammern um nicht hinzufallen. Gemeinsam schafften sie es aber schließlich bis zu Emmas Zimmertür. Sie schloss die Tür auf und so stand er urplötzlich wieder in einem Mädchenzimmer. Nur selten sah er diese nicht völlig besoffen, weshalb er sich, wie bei Emy auch, genauer umsah.
Etwas verlegen sah er Emma an, wusste nicht, was er jetzt machen sollte.

Der Weg zum Hotelzimmer war ziemlich holprig gewesen. Immer wieder hatte sie aufpassen müssen, dass er nicht hinfiel. Das mit der Abelnkung würde sich also auf jeden Fall auf ihr Zimmer verschieben. Mario musste sich schonen. "Setz dich doch", bot sie ihm an und zeigte auf einen Sessel. Nachdem er sich gesetzt hatte, ließ sie sich auf die Bettkante nieder. Sie überlegte fieberhaft, was sie tun könnten. "Willst du mir nicht ein bisschen was über dich erzählen?", begann sie lächelnd. So viel wusste sie jetzt auch noch nicht über Mario. Das mit Emy war natürlich wichtig, aber sonst...

Mario setzte sich in den Sessel. Er war froh wieder festen Boden unter seinem Po zu haben, das war für den Moment am sichersten für alle. Er zog seine Knie an seinen Körper und lehte sich ein wenig zurück. Auf ihre Bitte hin, lächelte er überrascht. "Ich soll was von mir erzählen?" Er grinste. "Was soll ich denn erzählen? Ich bin Mario, wohne in Dormund und bin Fußballprofi", stellte er sich belustigt vor. "Also ich liebe das Vapiano in Dortmund, liebe meinen besten Freund Marco, habe früher in Bayern-Bettwäsche geschlafen und würde gerne mal auf die Malediven." Mario lachte wieder.

Sie grinste bei seinen Erzählungen. "Das hört sich wirklich spannend an." Eigentlich hörte sich das bis auf das Fußballprofi-Ding genauso an wie jedes x-beliebige Leben. Fußballer waren teilweise doch normaler als sie dachte. "Warum bist du denn noch nicht auf den Malediven gewesen? Ich meine, das Geld hast du doch dafür." Sie würde das sofort machen, wenn sie mehr Geld hätte. Hin und wieder war sie eben auch eine kleine Welternbummlerin.

Sie grinste bei seinen Erzählungen. Als sie nach den Malediven fragte, biss er sich leicht auf die Lippe. "Das... also das soll mal etwas ganz Besonderes werden", erklärte er. "Mit einer ganz besonderen Person... Aber vielleicht... vielleicht flieg ich auch einmal mit Marco mal hin..." Er lächelte und sah sie an. "Ibiza ist aber auch für den Anfang nicht schlecht. Sonne und braun werden ist einfach genial für eine Winterpause oder so."

"Tut mir leid. Ich wollte nicht so unsensibel nachfragen." Mit ihrer Frage hatte sie ihn wirklich nicht verletzen wollen. Das war auf keinen Fall ihr Ziel gewesen. "Ich wünschte ich könnte auch so viel reisen", seufzte sie. Das hier in Brasilien war wirklich etwas Besonderes und die größte Reise, die sie bis jetzt angetreten hatte. Vor allem vor sie hier bis vor kurzem noch völlig alleine gewesen und hatte niemanden gekannt. "Ibiza hört sich toll an. Da soll es ja viele hübsche Frauen geben."

Er lächelte sie an, stand auf und setzte sich schließlich neben sie aufs Bett. "Das war nicht schlimm Emma. Es ist für mich im Moment nicht leicht das Thema, aber ich krieg das hin. Die Malediven sind ein Traum für mich, deshalb möchte ich nicht unbedingt eine bedeutungslose Sauftour dahin machen." Er knuffte sie leicht in die Seite. "Du bist doch noch jung, du kannst noch viel reisen. Die Welt steht dir doch offen." Über ihre letzte Antwort dachte Mario etwas nach. Was sollte er ihr jetzt sagen? Die Wahrheit? Oder lieber abgeschwächt oder gar nicht? "Ibiza ist toll! Wir waren auch schon oft mit der Mannschaft da. Und ja.." Er grinste schief. "Es gibt eine ganze Menge hübsche Frauen."

Sie zuckte zusammen, als er ihr so plötzlich in die Seite piekste. Da war sie immer empfindlich. Das konnte sie einfach nicht abstellen. "Ich weiß, dass ich noch jung bin und viel reisen kann und das werde ich auch tun. Zu Hause ist es zwar immer am schönsten, aber lange halte ich es dort nie aus. Als Mario allerdings von der Mannschaft auf Ibiza erzählte, war sie doch überrascht. "Ihr wart auf Ibiza? Wann? Wie? Wo?" Redete er jetzt von der deutschen Nationalmannschaft oder borussia Dortmund? Sie wusste es nicht, aber beide Informationen wären interessant gewesen. Was macht man denn als Mannschaft auf Ibiza? Fußball spielen? Wohl kaum..

Mario grinste, als Emma ein wenig zusammen zuckte. "Wo willst du denn gerne mal hin?", fragte Mario neugierig. Frauen wollten doch immer nach Paris oder? Stadt der Liebe und so.
Emma war aber in erster Linie neugierig, was eine Fußballmannschaft auf Ibiza macht. Dann musste er wohl oder übel ein wenig von der Wahrheit ausplaudern. "Jaaaa, nach der Saison. Da treffen sich immer alle Fußballclubs auf den Partyinseln. Wir waren halt schon oft auf Ibiza, aber auch schonmal auf Malle. Dort wird dann alles Geld aus der Mannschaftskasse verprasst..." Ein großes Grinsen machte sich auch seinem Gesicht breit. "Aber was GENAU da sonst noch so passiert... Ich glaube, dass will man als Fan gar nicht so genau wissen..." Mario lachte und hoffte, dass er nun nicht alle ihre Illusionen zerstört hatte. Aber Fußballprofis waren eben auch einfach nur ganz normale junge Männer.

"Wo ich hin will?" Spontan fiel ihr da gerade nur ein Ort ein. "Ich würde gerne wieder nach Madrid." Allerdings waren die Erinnerungen daran eher traurig. ihr Vater hatte spanische Wurzeln, aber seitdem ihre Mutter gestorben war, hatte er den Kontakt zu seiner Familie völlig abgebrochen. Er hatte sich generell völlig vor der Außenwelt verschlossen. Dabei war ihr Tot mittlerweile schon 10 Jahre her. So lange hatte sie ihre Familie schon nicht mehr gesehen. Das war wirklich traurig. Ihr Vater nannte ihr auch keine Adresse, zu der sie hätte reisen können.
"Als Fan? Ich arbeite hier mit dem Großteil der Mannschaft zusammen, deswegen würde ich mich eher nicht als Fan betrachten." Sie lächelte bei dem Gedanken, der ihr gerade kam. "Außerdem hätte ich dich dann schon längst überfallen." Jetzt piekste sie ihm in die Seite. "Aber ehrlich gesagt, will ich auch gar nicht wissen, was da abgeht."

"Das willst du auch gar nicht wissen, glaub mir. Aber es sind quasi die einzigen Tage im Jahr, wo wir einmal machen dürfen, was wir wollen. Ohne Grenzen von irgendwelchen Trainern oder der Gefahr von hunderttausend Leuten erkannt zu werden. Aber nach drei Tagen ist meist auch genug. Dann brauch ich fast mehr Erholung als nach der ganzen Saison." Er grinste, wurde dann aber ernst. "Was ist denn in Madrid?", fragte er nach. Irgendwie lag zwar eine komische Atmosphäre in der Luft, aber Mario hätte schon gerne gewusst, warum diese Stadt Emma so am Herzen lag.

Sie wusste nicht, ob ihre Freundschaft schon so weit war, dass sie ihm das anvertrauen konnte und wollte. Nicht einmal Joachim wusste von Madrid. Vielleicht wäre es besser, wenn sie ihm nur einen Teil erzählte, denn etwas musste sie ihm ja antworten. "Meine Großeltern leben dort und ich würde sie gerne wiedersehen, aber mein Vater hat etwas dagegen." So konne man es ausdrücken. Warum ihr Vater gerade seine eigenen Eltern nicht mehr an sich heran ließ, war ihr ein Rätsel. Aber ihr Vater handelte manchmal sowieso nicht nachvollziehbar.

Mario sah sie überrascht an. "Du hast Verwandtschaft in Spanien?" Das hatte er gar nicht gewusst. "Aber deine Eltern wohnen doch in Deutschland oder?" Mario bemerkte, dass er einfach gar nichts von Emma wusste. Noch nicht einmal ihre Aufgabe hier wusste er so genau. Das musste er sie aber unbedingt mal fragen. Aber im Moment wollte er erst einmal etwas über ihre Familie erfahren. Obwohl... war das nicht zu neugierig? Na egal, sie würde schon sagen, wenn es nicht in Ordnung wäre.

Mario schien das alles wirklich alles sehr zu interessieren. Dann musste sie wohl eben doch mehr erzählen. Sie atmete tief durch. Das war kein leichtes Thema für sie. "Mein Vater kommt aus Spanien und meine Mutter kam aus Deutschland." Wo sie jetzt war, konnte wohl niemand so genau sagen. "Meine Eltern haben sich in Spanien kennengelernt und sind dann wieder nach Deutschland gezogen. Ich habe früher viel Zeit in Spanien verbracht, deswegen kann man wohl sagen, dass ich eine halbe Spanierin bin."

Mario hätte sich am liebsten dafür geohrfeigt, dass er so nachgefragt hatte. Denn ein kleines Wörtchen hatte sich in sein Gehirn gebrannt: 'kam'. Sie war also tot? Mario stockte der Atem. Er wusste nicht wirklich, wie er jetzt reagieren sollte. Deshalb entschloss er sich, einen Arm um sie zu legen, sie aber weiter anzusehen. "Es... Emma das tut mir leid", flüsterte Mario schuldbewusst. Er wollte sie nicht drängeln etwas zu erzählen, was sie nicht wollte. "Ich... also wenn du nicht willst, musst du nichts sagen." Mario konnte sich nicht vorstellen, ohne seine Mutter zu leben. Generell ohne seine Familie. Dieses Gespräch erinnerte ihn daran, dass er sich zu Hause melden sollte. Um die Unterhaltung ein wenig zu entschärfen fragte er lieber etwas harmloser. "Bist du denn lieber in Spanien oder in Deutschland? Ich meine Deutschland ist schließlich immer sooo kalt..."

"Das ist wirklich nicht schlimm. Alles in Ordnung." Sie legte ihren Kopf auf seine Schulter und seufzte. "Ich rede wirklich selten über meine Familie, weil es einfach schwierig ist." Mit ihrem Vater konnte man da gar nicht drüber reden. Er blockte da vollkommen ab. Eine andere Frau hatte er bis jetzt auch nicht gefunden. Immer nur kurze Affären. Hauptsache keine Gefühle zulassen. Das war sein neues Lebensmotto. "Ich bin ehrlich gesagt lieber in Spanien. Deutschland ist wirklich toll. Da arbeite ich, habe meine Freunde und eigentlich mein Leben. Aber Spanien ist einfach fantastisch. Ich würde so gerne wieder dort hin. Die Landschaft, die Leute. Das ist alles so unglaublich. Und irgendwie ist es ja auch meine zweite Heimat", sie konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme bei dem letzten Satz traurig klang. "Ich würde gerne wieder nach Spanien und meine Familie besuchen."

"Doch es ist schlimm", flüsterte Mario kleinlaut. "Wie hälst du das nur aus? Du bist so eine starke Frau Emma, das glaubst du gar nicht. Dafür kann man dich wirklich nur bewundern." Er nahm sie fest in den Arm, das würde sie bestimmt brauchen im Moment. Bei ihren Erzählungen konnte er nur immer wieder nicken. Er wusste genau was sie meinte. Als sie traurig wurde, strich er ihr sanft über die Wange. "Vielleicht wirst du ja eines Tages wieder dort wohnen?! Manchmal muss man einen Schritt dorthin einfach wagen und sehen, was sich daraus entwickelt. Für den Anfang wäre doch ein Besuch sicher schön für dich. Warum fährst du nicht zu deinen Großeltern und besuchst sie mal? Sie würden sic bestimmt freuen dich zu sehen." Er lächelte sie an.

"Ich bin nicht stark", murmelte sie gegen seine Schulter. Sie führte eine Beziehung mit dem Bundestrainer, die sie immer wieder durch blöde Aktionen ins Schwanken brachte, sie hatte Lewis zu Beginn der WM verletzt und selbst MüWo hatte gesagt, dass sie psychisch angeschlagen war. Sie klammerte sich an Mario fest. Das Gegenteil von stark, das war sie. "Ich war damals noch so jung. Ich weiß zwar, wo sie früher gewohnt haben, aber sie sind umgezogen und mein Vater gibt mir die Adresse nicht. Er hat sich so zurückgezogen." Sie würde ihre Familie so gerne wiedersehen, aber wie sollte sie das denn so schaffen?

Emma brauchte wohl wirklich halt, deshalb zog er sie fest an seinen Körper. "Doch du bist stark Emma", sagte er ernst und eindringlich. "Du hast das geschafft und du wirst auch alles andere in deinem Leben schaffen. Glaub mir, solch eine starke Frau habe ich noch nicht so oft getroffen."
Er hörte Emmas Erzählungen in Ruhe zu und sofort kam ihm ein Gedanke. Miguel, sein Freund. Er konnte Emma bestimmt helfen. Sanft löste sich Mario von Emma und sah ihr in die Augen. "Emma, Emma, bitte nicht verzweifeln ja? Ich habe eine Idee, wie ich dir helfen kann. Ich kann dir natürlich nichts versprechen, aber in vielen Fällen hat es geklappt. Miguel ist ein Freund von mir. Er ist aus Spanien nach Deutschland gekommen aber hat jahrelang für das Cruz Roja in Spanien gearbeitet. Er hat Vermisste gesucht und viele Familen zusammen gebracht. Oft wussten sie am Anfang nichts von der gesuchten Person. Vielleicht rufen wir ihn einfach mal an?" Er sah sie an und lächelte. Strich ihr aufmunternd über den Arm.

Sie wurde ganz verlegen bei den ganzen Komplimenten. Dabei war sie gar nicht stark. Als Marios begann über seinen Freund in Spanien zu sprechen, wurde sie hellhörig. "Das würdest du für micht tun?" Sie konnte nur noch vor sich hinstrahlen. Er würde ihr helfen ihre Familie in Spanien wiederzusehen. Natürlich konnte er ihr das nicht hundertprozentig versprechen, aber die Wahrscheinlichkeiten schienen doch ziemlich hoch zu sein. "Ja, wir rufen ihn einfach an." Sie drückte Mario fest an sich. "Danke", hauchte sie. Dabei konnte sie nicht verhindern, dass sich eine kleine Träne aus ihrem AUge löste. Sie war gerade einfach unglaublich glücklich. Wenn er ihr helfen würde, könnte sie ihre Großeltern wiedersehen und ihre Onkel und Tanten und Cousinen. Vielleicht würde sie sogar ihren Vater dazu bekommen mitzufliegen.

Mario lächelte, als er Emma so glücklich sah. Er strich ihr eine Träne von der Wange. "Emma ich mag dich unglaublich gerne. Ich hätte niemals gedacht, dass die sowas schon passiert ist. Natürlich werde ich dir helfen." Er strich ihr über die Haare. "Sollen wir ihn jetzt noch anrufen oder möchtest du dich erst ausruhen? Du brauchst dir wirklich keine Sorgen machen, Miguel hat seine Arbeit geliebt. Er kommt sich manchmal sehr nutzlos vor hier in Deutschland und da freut er sich bestimmt, wenn er dir helfen kann."

"Tja", sie zuckte mit den Schultern. "Ich hab halt nicht so viel Glück in meinem Leben." Sie könnte Miguel jetzt schon anrufen? "Era hermoso", lächelte sie. Bei seinem fragenden Blick wurde ihr Lächeln noch breiter. "Das heißt 'das wäre schön'." Ein bisschen Spanisch konnte sie dann doch noch. Wenn sie sich vorstellte abends mit ihrer Familie auf einer Terasse zu sitzen und die Schönheit von Madrid zu bewundern. Das wäre wirklich einfach nur schön. "Mario, danke. Du kannst dir nicht vorstellen, was mir das bedeutet."

Mario legte einen Arm um sie. "Aber du hast Glück, dass du gesund bist Emma. Und du hast Freunde, die immer für dich da sind." Er lächlelte. "Ich kann dir deine Mama nicht zurück holen. Aber vielleicht kann ich dir deine Großeltern zurück bringen." Schnell holte Mario sein Handy aus der Hosentasche und suchte die Telefonnummer von Miguel. "Möchtest du mit ihm sprechen oder soll ich erst?", fragte Mario und sah sie an. Er war wirklich sehr froh, dass er Emma helfen konnte. Sie hatte es verdient, dass sie diese Chance bekam.