Hotelzimmer von Emilia

Mario zog sich aus ihr zurück und nahm sie in den Arm. Zuerst sah sie ihn kurz enttäuscht an. Trotz allem war das Gefühl, ihn in sich zu spüren, toll gewesen. Dann löste sie sich von Mario, zog sich die Decke so über ihren Körper, dass es das Wichtigste verdeckte und stand auf. "Ich... ich muss...", verzweifelt sah sie sich um. "Ich muss ins Bad.", sagte sie und rannte dort hin. Sie verschloss hinter sich die Tür und ließ sich von innen daran hinunter rutschen. Was hatte sie nur getan? Sie hatte fast schon wieder den gleichen Fehler gemacht, wie damals. Nur dass sie jetzt nicht mehr schwanger werden konnte.

Völlig perplex lag Mario im Bett. Konnte nicht fassen, was hier gerade passierte. Panisch war Emy weggelaufen und hatte sich im Bad eingeschlossen. Wie er sie kannte, würde sie ihn eh nicht mehr beachten. Voller gemischter Gefühle rollte er sich auf dem Bett zusammen und rief halbherzig zu ihr rüber: "Emy man, was ist denn? Sag mir wenigstens was ich falsch gemacht habe. Hab ich dir weh getan?"

Emilia saß immer noch geschockt an der Tür. Sie hatte wirklich mit Mario geschlafen. Aber es hatte sich nicht falsch angefühlt und Spaß gemacht hatte es ihr auch. Sie hatte wirklich alles um sich herum vergessen. Außerdem war sie Single und konnte tun und lassen, was sie wollte. Davon erfahren musste ja niemand. Als Mario nach ihr rief, bekam sie ein schlechtes Gewissen. Er machte sich Vorwürfe und das sollte er nicht. Sie rappelte sich auf, band sich ihre Decke um und öffnete langsam die Tür. Ohne Mario anzusehen, trat sie heraus und murmelte: "Du... du hast nichts falsch gemacht und weh getan hast du mir auch nicht."

Mario lag immer noch zusammengerollt auf dem Bett und hatte sein Gesicht im Laken versteckt. Er hörte Geräusche und Emy war tatsächlich aus dem Bad gekommen. Sie murmelte nur was davon, dass er nichts falsch gemacht hatte und er ihr nicht weh getan hatte. Auf der einen Seite beruhigte ihn das ein wenig, aber richtig euphorisch machte es ihn auch nicht. Schnell beugte er sich im Bett nach vorne und sammelte seine Klamotten auf. Er drehte sich ein wenig zur Seite und zog schnell alles an. Da er das Gefühl hatte unerwünscht zu sein, murmelte er ein "Ich geh dann mal lieber" und verschwand zur Tür.

Mario erwiderte vorerst nichts und sie hob ihren Blick auch nicht. Als er dann aber doch etwas sagte, sah sie auf. Er lief an ihr vorbei und zur Tür. "Nein, Mario warte." Sie lief zu ihm und erreichte ihn kurz vor der Tür. Dass die Decke inzwischen wieder auf dem Boden lag störte sie gerade nicht. Mario hatte ja vorher auch schon alles gesehen.

Irgendwie hatte Mario das Gefühl, dass gerade alles schief lief. Er sollte so schnell es geht verschwinden. Aber warum fühlte sich sein Herz so scheiße an? So hart und schwer und schmerzhaft?
Er hätte sich da nicht so reinsteigern sollen. Sex und gut. Bekam er doch sonst auch so gut hin. Was war denn jetzt anders verdammt noch mal?
Als er an der Tür war kam sie noch einmal zu ihm und wollte ihn wohl stoppen. "Hmm?", fragte Mario nicht sehr geistreich. Zu mehr war er nicht in der Lage. Dass sie dabei nackt war, machte es nicht besser. Sie hatte so einen schönen Körper.

Emilia senkte wieder ihren Blick. "Du... du kannst doch jetzt nicht so einfach gehen.", murmelte sie. Dann sah sie ihn an. "Du sollst jetzt nicht gehen. Lass mich in der Situation nicht alleine. Das geht doch nicht." Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie wollte zwar nicht unbedingt in den Arm genommen werden oder so, sondern einfach nicht alleine sein. "Sei... sei einfach wie ein Freund.", murmelte sie.

Irgendwie war das eine komische Situation gerade. Sie sah ihn an. Sie wollte nicht, dass er jetzt ging. Dabei hatte er gerade noch das Gefühl gehabt, dass er gehen sollte. Nun gut, so konnte man sich täuschen. "Emy, ich hab dir doch gesagt, dass ich immer für dich da bin. Wenn du willst, dass ich bleibe, bleibe ich. Wenn nicht, dann nicht. Schon vergessen?" Er wusste nicht, wie er reagieren sollte. Deshalb überbrückte er die Distanz zwischen ihnen und küsste ihr auf die Stirn. Dann setzte er sich auf ihr Bett und sah sie fragend an. "Ach und... Ich bin doch wie ein Freund... Oder... nicht?" In Mario zog sich etwas zusammen.

Emilia wusste nicht wie sie sich verhalten sollte und sie wusste auch nicht, was sie eigentlich wollte gerade. Sie nickte nur und sah Mario nach. Dann ging sie zu ihrem Schrank und zog sich schnell etwas an. "Ähm... ja... schon.", sagte sie und ging auf ihn zu. "Also... also bleiben wir Freunde? Trotz des... ähm ja das gerade?" Fragend sah sie ihn an.

Da Emilia endlich Kleidung anhatte, konnte er wieder etwas klarer denken. Also bleiben wir Freunde? In Marios Kopf hämmerte es. Er wusste nicht, was er denken sollte. In solchen Momenten fühlte er sich wieder wie der 22jährige kleine und unerfahrene Junge und nicht wie ein Superstar bei der WM. Ja klar würden sie Freunde bleiben. Sie hatten sich von Anfang an gut verstanden und waren Freunde gewesen. Aber was war das hier. Sein Körper spielte verrückt, wenn sie ihn nur anfasste. Ein Kuss fühlte sich so unfassbar gut an. Wenn er jetzt Marco fragen würde..., der ihn so unglaublich gut kannte. Manchmal besser als er sich selbst kannte. Der würde nur zu einer Erklärung kommen. Und diese Erklärung war wie ein Faustschlag ins Gesicht. Emy war schwanger. Von Paddy und liebte Ron. Er war doch nur der kleine Mario, auf den alle Teens standen. Sonst hatte er nichts vorzuweisen.
Er wollte nicht wieder leiden, wie bei Jenny. Die Mats liebte. Er musste das hier unterdrücken. Deshalb sah er sie lächelnd an und sagte: "Na klar bleiben wir Freunde, Emy. Mir bedeutet das Passierte doch nie was."
Sein Gewissen gab ihm eine schallende Ohrfeige für diese glatte Lüge.

Emilia starrte ihn an. Klar hatte er genau das gesagt, was sie eigentlich wollte. Aber es tat trotzdem weh, dass er ihr so direkt ins Gesicht sagte, dass es ihm nichts bedeutet hatte. Sie versuchte die enttäuschung zu überspielen. Mit einem aufgesetzten Lächeln sagte sie zu ihm: "Dann ist ja gut." und zwinkerte ihm zu. Sie räumte die Klamotten weg, die von ihr auf dem Boden lagen und ging dann zusammen mit ihrer Tasche zu Mario. Sie holte das Ultraschallbild heraus und setzte sich neben Mario. "Da, du wolltest es doch sehen."

Mario merkte nicht, dass sich etwas verändert hatte zwischen ihnen. Er hörte nur ihre Worte und bekam gleich einen Stich in sein Herz. Das war also der Beweis dafür, dass es nie irgendwas von Bedeutung gewesen war. Plötzlich holte setzte sie sich neben ihn und holte ihr Ultraschallbild heraus. Wie paralysiert starrte er darauf. Da konnte man ja schon einen Kopf und einen Körper sehen. Ein Kind, das in Emy entstand, was schon sichtbar war. Und so viel mehr als ein paar Zellen war. Sprachlos sah er sie an und stammelte "Ich.. Also.. Ich meine.. Wow..."

Emilia bekam nicht mit, wie sehr sie Mario mit dem Satz weh getan hatte und auch seinen Blick hatte sie nicht gesehen. Sie lächelte ihn an und nickte. "Ganz leicht kann man schon erkennen, dass es ein Mensch ist, oder?" Sie sah auf das Bild. Nie hätte sie gedacht, das sie das Kleine so schnell akzeptieren würde. Es konnte ja aber auch nichts dafür, dass seine Mama so einen Mist gebaut hatte.

"Emy, man kann es deutlich erkennen, dass es ein Mensch ist. Sieh doch mal. Da ist ein Kopf und ein Körper. Das ist kein Zellhaufen, das ist ein Mensch, der lebt.", flüsterte Mario. Ihm lief ein Schauer den Rücken hinunter. Das war einfach unfassbar. "Du musst auf das Kleine aufpassen, versprichst du das?", nuschelte Mario und sah zu Boden. Er sollte sich nicht so komisch fühlen. Er durfte sich nicht so komisch fühlen.

Emilia nichte. Mario hatte Recht. Das kleine lebte in ihrem Bauch. Es war ein Wunder. Dann sah sie ihn verwirrt an. "Ähm ja klar mache ich das. Warum sollte ich es nicht machen. Es ist immerhin mein Kind. Ich werde nichts tun, was ihm schadet." Dann musste sie an den Arztbesuch denken. Der Arzt hatte ihr noch gesagt, dass Sex kein Problem wäre und dass sich das mit ihrem "Boyfriend" schon wieder einränken würde.

"Ich mein ja nur", murmelte Mario. Sie war verwirrt. "Worüber denkst du nach?", wollte er wissen. Irgendwie interessierte ihn, was sie über das Kind dachte. Dass sie es bekommen würde stand ja außer Frage, aber wie fühlte sie sich mit Baby? Es war ja schließlich eine komische Situation für sie. Ron war heute morgen geflogen und hatte sich nicht verabschiedet. Das musste ein Schlag für sie gewesen sein.

"Ach über nichts.", meinte Emilia nur. Sie wollte Mario jetzt nicht auf die Nase binden, dass der Arzt sie für ein Pärchen gehalten hatte. "Es ist nur einfach ein Wunder so ein kleines Ding im Bauch zu haben. Auch wenn ich es mir unter anderen Umständen gewünscht hätte."

Mario wollte und konnte ihr nicht so recht trauen. Dann rückte sie doch mit der Sprache raus. Klar war es ein Wunder. Aus dem kleinen Würmchen würde mal ein Mensch entstehen, wie sie und er. Es würde die gleichen Probleme haben und auch eines Tages die harten Seiten des Lebens kennenlernen. Es musste so lange es geht geschützt werde. Mario verspürte den Wunsch mit auf das kleine Wesen aufzupassen. Aber er musste sich zügeln. Er war nur ein Freund. "Das Wenigste kann man sich im Leben aussuchen.", murmelte er. "Du wirst das Beste daraus machen, da bin ich mir sicher." Noch immer sah er zu Boden. Er konnte sie einfach nicht dabei ansehen.

Emilia nickte. "Ja da hast du Recht. Und es wird bestimmt auch irgendwann alles gut, nur ich kann es mir gerade nicht wirklich vorstellen, dass ich irgendwann mit dem Kleinen hier und einem festen Partner zusammen leben und alles ist gut. Dafür tut die Sache mit Ron einfach noch zu sehr weh und dass ein Mann eine Frau mit Kind will, das nicht von ihm ist, kommt auch nicht oft vor.", meinte sie nachdenklich.

"Emy das wird. Glaub mir. Natürlich tut die Sache mit Ron weh. Das glaub ich dir ja auch. Aber du musst das abhaken. Ein Mann der dich nur ohne Baby will, hat dich nicht verdient.", flüsterte er und sah ihr in die Augen. Sie musste das einfach glauben. Dann senkte er wieder den Blick. "Das kommt vor. Glaub... glaub es mir." Seine Stimme zitterte ein wenig. "Marco liebt Lisa doch auch."

"Hmm.", sagte Emilia und nickte. Mario sah ihr in die Augen. Irgendetwas war komisch an seinem Blick, aber was, das wusste sie nicht. "Hmm ja, aber wie oft gibt es solche Männer wie Marco? Nicht seh oft. Naja... ich kann es mir nur gerade halt schlecht vorstellen."

"Öfter als man manchmal vielleicht glaubt", flüsterte Mario in Richtung Boden. Dann setze er wieder ein künstliches Lächeln auf. Er musste eben den Freund hier geben. "Du wirst ihn schneller finden, als du denkst. Denn so ein nettes Mädchen mit so einem süßen Baby, gibt es schließlich auch nicht oft oder?" Er piekste sie leicht in die Seite. Obwohl er sich am liebsten verkriechen wollte.

Emilia lächelte. Genau das hatte sie jetzt gebraucht. Sie quietschte kurz, als Mario sie piekste. "Danke Mario. Du bist echt ein guter Freund.", sagte sie lächelnd. Sie war wirklich froh, dass es zwischen ihnen beiden jetzt nicht komisch war und sie war froh ihn zu haben. Leo schien ja inzwischen sich selbst um seine Freundin kümmern zu müssen und Sebi hatte sich noch nicht gemeldet.

"Immer wieder gerne.", flüsterte er und sah ihr in die Augen. Dieses braun war einfach unfassbar schön. Nach einigen Sekunden, die Mario wie eine Ewigkeit vorkamen, riss er sich von ihrem Blick los. Sein Bauch kribbelte schon wieder ganz nervös. "Und was machen wir jetzt?", fragte er, damit die Stille nicht komisch werden würde. Er musste sich auf jeden Fall im Griff haben und sie nicht wieder berühren.

"Keine Ahnung.", meinte Emilia und grinste schief. "Du hast ja vorher das Training verpasst, wann musst du denn Laufen gehen?", fragte sie ihn. Wenn er nicht mehr viel Zeit hatte, konnten sie ja gemeinsam etwas TV schauen oder so.