Hotelzimmer von Joachim Löw

„Heute wird niemand Fragen stellen. Wenn wir gewinnen, wir die Mannschaft gefeiert.“ Eigentlich zu Unrecht, wenn man es mal objektiv betrachtete. „Und wenn wir verlieren, sind alle am Meckern. Und morgen werden wir uns eine offizielle Mitteilung überlegen. Ich hoffe nur, die beiden springen nicht direkt durch die nächste Einkaufsstraße.“ Dann könnten sie sich jede Pressemitteilung sparen.
„Müssen wir sonst noch etwas klären?“ Seine Gedanken wurden gerade nur noch von dieser Email beherrscht. Das musste er bis zum Spiel noch ändern.

Hansi nickte nur. "Du hast Recht. Das Spiel muss jetzt aber erst mal im Vordergrund stehen, das ist das wichtigste, das wir das gewinnen das wir weiter kommen, und dann kümmern wir uns um René und Clemens!" Hansi seufzte auf und schüttelte nur den Kopf. Er musste das erst mal verabeiten. "Nein, gibt es nicht. Ich glaub ich leg mich wieder hin Jogi, das Training musst du selber hinbekommen, ich darf da nicht hin. Aber bei der Ansprache bin ich wieder da!" er lächelte ihn leicht an.

Er nickte. Das Spiel stand im Vordergrund und für sie alle von größter Wichtigkeit. „Dann ruh dich aus. Das mit dem Training klappt schon.“ Er stand auf und auch Hansi erhob sich. Lächelnd zog er Hansi in eine Umarmung. „Wir kriegen das hin“, murmelte er. Ein Sieg wäre wichtig, etwas woran sie sich festhalten konnten. Aber bei der aktuellen Verfassung der Mannschaft war das relativ unwahrscheinlich. „Bereitest du dann schon einmal alles für die Besprechung vor?“

Hansi erwidert die Umarmung nur. "Ich hab ein schlechtes Gefühl!" gab er leise zu. Was die letzten Tage hier nach dem Spiel gegen England abging machte ihn gewaltige Sorgen, die ihn stark bedrückten. "Klar, kann ich machen!" Hansi schaffte es nicht mal mehr leicht zu lächeln. Er wusste gerade einfach nicht wo ihm der Kopf stand.

„Ich auch, aber das dürfen wir den Spielern nicht zeigen.“ So schwer das werden würde, das mussten sie einfach verbergen. „Danke, du bist ein Schatz“, er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Wenn sie ab jetzt alles so negativ sahen, würden sie hier eingehen wie eine Primel. Er verabschiedete sich von Hansi und begleitete ihn zur Tür. Seufzend schloss er sie wieder und ließ sich dann auf sein Bett fallen. Einen Augenblick blieb er mit geschlossenen Augen liegen, dann sah er sich kurz nach seinem Handy um und schrieb Emma eine SMS.
Anschließend öffnete er nur die Hand und das Handy landete auf dem Bett. Sein Kopf dröhnte. Das waren definitiv zu viele Informationen. Er konzentrierte sich auf seine Atmung und versuchte so, seine Gedanken auf das Spiel zu fokussieren.

SMS von MüWo:

Hallo Jogi,

für eure Planungen schonmal eine kurze Info bezüglich Benedikt: er darf nur leichtes Lauftraining machen, sowie Übungen am Ball ohne Körperkontakt. Also nichts mit Zweikampfverhalten, oder Sachen wo Gefahr besteht, dass er auf die Arme fällt.

Außerdem soll er jeden Tag zur kurzen Kontrolle, zum salben und Verband erneuern zu mir kommen.

LG

MüWo

PS: die anderen Spieler haben sich noch nicht bei mir gemeldet. Wenn du sie also siehst, dann schick sie bitte dringend zu mir. Schließlich ist heute Abschlusstraining und da würde ich sie gern vorher noch einmal sehen. Ich bin in meinem Sprechzimmer.

cf: Speisesaal

Mit schlechter Laune kam Emilia bei Jogi an. Erst machte Marco ihr so eine Szene, weil Mario sie angeblich liebte und dann zog Mario gleich mit der nächsten davon.
Etwas unsanft klopfte sie an Jogis Zimmertür.

Es passierten zwei Dinge gleichzeitig. Sein Handy piepste und jemand klopfte fordernd gegen die Tür. Da er davon ausging, dass es nur eine SMS von Emma war, stand er seufzend auf und ging zur Tür. Das musste ziemlich dringend sein, sonst würde das Klopfen nicht so kräftig sein.
Kurz strich er sein Hemd glatt und öffnete die Tür. "Emilia", begrüßte er die Praktikantin überrascht. Mit ihr hatte er jetzt überhaupt nicht gerechnet. Doch dann fiel ihm ein, dass sie noch etwas mit ihm besprechen wollte. Allerdings schien sie irgendwie unzufrieden zu sein, wenn er ihren Gesichtsausdruck richtig deutete. "Komm doch rein." Er schob die Tür etwas weiter auf und ließ Emilia eintreten.
Er führte sie auf den Balkon und nahm gegenüber von ihr Platz. "Du wolltest mit mir über Ron sprechen?"

"Hallo Jogi.", sagte sie und trat ein. Sie folgte ihm auf den Balkon und setzte sich hin. Als Jogi Rons Namen erwähnte spürte sie einen kleinen Stich in ihrem Herzen. Doch das verdrängte sie und sah Jogi an. "Ja das würde ich gerne. Beziehungsweise eigentlich will ich mit dir über mich reden, aber da spielt Ron nun mal eine große Rolle. Also er hat eine große Rolle gespielt. Jetzt tut er das nicht mehr.", erklärte sie.

Er brauchte einen Moment um Emilias Worte zu verstehen. Das hörte sich kompliziert an. „Ich glaube, das Beste wäre es, wenn du mir erzählst, was nach deinem Tränenausbruch passiert ist. Sonst komm ich nicht mit.“ Er lächelte leicht. Er musste daran denken, wie verzweifelt sie vor wenigen Tagen in ihrem Zimmer gekauert hatte. Ron musste wirklich ein Gefühlschaos ausgelöst haben.

Emilia sah ihn an. Sie wollte Jogi ja eigentlich nicht mit ihren Problemen voll quatschen, sondern einfach ihre jetzige Situation hier besprechen. Also erzählte sie alles in der Kurzfassung. "Naja ich bin hier mit Ron zusammen gekommen, dann hab ich erfahren, dass ich schwanger bin, daraufhin ist Ron ausgeflippt. Das hast du ja im Speisesaal auch mitbekommen. Am nächsten Tag hat er sich von mir getrennt und ja jetzt ist er wieder in Deutschland.", erzählte sie schnell. "Aber darum geht es mir so nicht unbedingt. Eher... also... wie es jetzt mit mir weiter geht? Ich war ja in den letzten Tagen nicht wirklich aufmerksam und habe auch so eigentlich nichts für mein Praktikum gemacht. Deshalb wollte ich wissen, was du dazu sagst. Also ob ich hier bleiben kann und weiter machen, oder ob ich meine Sachen packen soll und auch zurück nach Deutschland fliegen." Sie sah ihn fragend an. "Ich... ich würde sehr gerne hier bleiben und dann auch meine Privatangelegenheiten in den Hintergrund schieben und mich voll und ganz auf das Praktikum und die Mannschaft konzentrieren."

Er hörte ihr aufmerksam zu. Als sie geendet hatte, schüttelte er den Kopf. „Emilia“, meinte er eindringlich. „Es ist doch vollkommen normal, dass du nach dieser Sache nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kannst. Deshalb mache ich dir keinen Vorwurf, dass du das Praktikum hintenan gestellt hast.“ Er lächelte sie aufmunternd an. „Und wie du auf die Idee kommst, jetzt nach Hause zu fliegen, weiß ich gerade auch nicht. Du hast bisher immer gut mitgearbeitet und ich meine auch, gesehen zu haben, dass du Spaß daran hattest.“ Er legte den Kopf schief. „Ich hoffe also, dass du bleibst und uns nach dem Spiel wieder zur Seite stehst.“

Emilias Laune besserte sich merklich. "Wirklich?", sie sah ihn fragend an. "Ich kann auch gleich nachher beim Training wieder etwas machen.", sagte sie. "Manuel war bei mir und hat mich gefragt, ob mir was aufgefallen ist. Und ich würde gerne weiter mit ihm Arbeiten und noch genauer auf ihn achten und sehen was mir noch so auffällt." Sie sag Jogi fragend an.

Er lachte, als er Emilias Blick sah. Scheinbar hatte sie damit gerechnet, dass er sie nach Hause schicken würde. „Wenn du gleich helfen würdest, wäre das super. Hansi muss ja leider das Bett hüten und erst bei der Besprechung wieder zu uns stoßen.“ Auf ihre Frage hin nickte er. „Das kannst du gerne machen. Was ist dir denn bei Manu aufgefallen?“ Jetzt war er neugierig. Er war gespannt, ob Emilia die gleichen Schwächen erkannt hatte wie er.

Emilia überlegte kurz. "Also soweit ich mich erinnern kann, ist mir bei Manu nur aufgefallen, dass er bei Weitschüssen manchmal Probleme hat. Es passiert zwar meistens nichts, weil er das durch seine Reaktionsschnelligkeit ausgleichen kann, aber manchmal dann eben doch nicht.", erklärte sie.

Er war überrascht, wie zielsicher Emilia den Finger in die Wunde legte. „Gut erkannt“, lobte er sie. „Ich fände es toll, wenn du dich mal mit ihm zusammensetzen würdest und ihr das trainiert. Wenn du Fragen hast, sag Bescheid.“ Er freute sich, dass Emilia sich selbst in die Mannschaft einbrachte und sich anbot, mit den Spielern zu trainieren. „Ach übrigens, ich hoffe, Mario konnte dich ein wenig von der Geschichte mit Ron ablenken?“ Fragend sah er sie an.

Emilia lächelte Jogi an. "Ja klar, kein Problem. Dann mache ich das gleich nachher mal beim Training." In ihrem Kopf machte sie sich schon einen Plan. Bis Jogi dann Mario erwähnte. Ihr Gesichtsausdruck verzog sich und ihre Laune wurde wieder schlechter. Warum musste er sie gerade jetzt darauf ansprechen? "Hmm, ja... geht so.", sagte sie leicht angesäuert. Warum sie so reagierte, wusste sie nicht genau. Vielleicht, weil sie es irgendwie toll gefunden hatte, das sie jemandem so wichtig war?

Ihn beschlich das Gefühl, dass Emilias Gemütslage mit Mario zusammenhing. Warum sonst sollte sie plötzlich wieder so kurz angebunden sein? „War er zu aufdringlich?“ Er wusste, dass Mario seine Aufgaben ernst nahm und schnell mal übertrieb. Das war beim Training manchmal deutlich zu sehen. Eine Verletzung war für ihn nur schwer zu ertragen. „Ich kann ihn gerne ein bisschen zurückpfeifen. Ich hatte nur gedacht, etwas Ablenkung würde dir gut tun…“

Emilia sah Jogi an. "Nein aufdringlich war er nicht.", sagte sie. "Ja es war nett von dir und ging auch gut bis gestern Mittag. Nur jetzt ist es besser, wenn wir uns nicht mehr sehen. Und dann ist er vorher mit dieser Emma abgezogen. Wer weiß was die beiden jetzt machen. Mario hat sie bestimmt mit auf sein Zimmer genommen." Sauer starrte sie in die Gegend. So sehr konnte er sie doch gar nicht lieben, wenn er jetzt schon mit der nächsten abgezogen war.

„Nur jetzt ist es besser, wenn wir uns nicht mehr sehen.“ Er beschloss, nicht weiter nachzufragen. „Und dann ist er vorher mit dieser Emma abgezogen. Wer weiß, was die beiden jetzt machen. Mario hat sie bestimmt mit auf sein Zimmer genommen.“ Er riss die Augen auf und war froh, dass Emilia ihn nicht ansah. Das konnte nicht sein. Schnell hatte er sich wieder im Griff. Emilia starrte immer noch auf das Meer. „Also, ich will dir ja nicht zu nahe treten, aber…“ Er lächelte leicht. „…irgendwie habe ich den Eindruck, dass du eifersüchtig auf Emma bist.“ Er hoffte, er wäre damit jetzt nicht zu weit gegangen. Aber der abwertende Klang ihrer Stimme, als sie Emma erwähnte und ihre Reaktion waren eigentlich eindeutig.

Erschrocken sah Emilia Jogi an. "Nein. Ich... ich finde es nur komisch, dass ich gerade weg bin und er schon mit der Nächsten in die Kiste hüpft.", meinte sie sauer. Dass sie sich gerade mehr oder weniger verraten hatte, bemerkte sie nicht.

„Ähm“, machte er nur. Hieß das jetzt, dass Emilia und Mario… So hätte er Mario nie eingeschätzt. Aber eines wusste er mit Sicherheit. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Emma etwas mit Mario anfangen wird. Ich kenne sie mittlerweile recht gut und schätze sie nicht so ein.“ Das war zwar untertrieben, aber etwas anderes konnte er einfach nicht sagen. „Aber wenn dir das so egal ist, warum bist du dann so sauer?“ Für ihn hatte diese Reaktion eindeutig eifersüchtige Züge. Vielleicht war sie sich dessen noch nicht bewusst, aber er hatte so viel Lebenserfahrung, dass er das erkennen konnte.

"Hmm.", brummelte Emilia nur. Wenn Jogi das meinte. "Ich... ich weiß es doch auch nicht. Auch wenn ich nichts als Freundschaft für Mario fühle, tat es doch gut begehrt zu werden.", meinte sie traurig. "Ich hab mich wichtig gefühlt und das war toll nach dem Ganzen hier." Traurig wand sie ihren Blick wieder aufs Meer.

Er seufzte. Irgendwie konnte er ja verstehen, dass das alles nicht leicht für Emilia war. Dennoch war das nicht der richtige Weg. Aber ändern konnte er es auch nicht mehr. Er hoffte einfach, dass Mario das ähnlich sehen würde wie Emilia und später ein gutes Spiel abliefern könnte. „Ich will dir da nicht reinreden, aber bitte klär das mit Mario, wenn du es noch nicht getan hast.“ Mehr konnte er nicht tun. Warum hatte er das Thema überhaupt angesprochen? Er beschloss, das Thema wieder auf das Training zu lenken. „Dann trainierst du gleich mit Manu? Ich würde dir zwei oder drei Spieler dazu schicken, die die Weitschüsse übernehmen. Wenn es dir nichts ausmacht?“ Das konnte Emilia nun wirklich nicht machen und einige Spieler könnten so auch ihre Freistoßfähigkeiten ausbauen.

Emilia sah Jogi an. "Mit Mario ist alles geklärt. Also... also ich habe mit Mario geredet.", erklärte sie und war dann froh über Jogis Themenwechsel. "Ja klar. Kein Problem. Aber...ähm... an wen hast du denn gedacht?", fragte sie vorsichtig.