Hotelzimmer Benni und Mats

Benni lächelte und streichelte Julian über den Rücken.
"Ich hab Jojo gesagt, sie soll vorbeikommen... meine Eltern haben es wohl schon gesehen und ihr gesagt und sie hat mir gerade eine Nachricht geschrieben, ob das war ist."
Und er wollte das lieber direkt klären.
Immerhin war Jojo ja hier, als einziges ihrer Familienmitglieder, da hoffte Benni stark, dass Jojo sie unterstützen würde.
Aber eigentlich war Benni sich sicher, dass sie für sie da sein würde. Er erinnerte sich noch an das Gespräch, in dem er Jojo alles gebeichtet hatte, was hier vorgefallen war. Damals hatte sie ihm versprochen, dass sie ihm mit jeder Leiche in seinem Keller helfen würde. Und Benni war überzeugt, dass sich diese Einstellung nicht geändert hatte.

cf: Reiterhof

So schnell wie möglich war Jojo hergekommen, stand nun vor der Tür und klopfte laut dagegen. Sie wollte jetzt zu ihrem Bruder. Auch wenn sie bis eben noch stinksauer auf Gott und die Welt gewesen war. Jetzt gab es Wichtigeres und sie wollte für ihren Bruder da sein.
Benni war ihre Familie und da ließ sie ihn sicherlich nicht alleine. Die Familie Höwedes hielt zusammen, egal, was war.

Nur wenig später klopfte es an der Tür und Benni seufzte. Er stand auf und öffnete die Tür, atmete erleichtert auf, als er nur Jojo vor der Tür stehen sah.
"Komm rein", murmelte er ein wenig betreten und ließ sie rein.
Er setzte sich wieder neben Julian auf das Bett und sah seine Schwester etwas skeptisch an.
"Wie... hat Mama reagiert?" fragte er. "War sie sauer?"
Hoffentlich nicht... er brauchte den Rückhalt seiner Familie, ansonsten würde er das wohl nicht aushalten.

Jojo kam ins Zimmer und ihr Bruder samt Anhang sahen nicht gut aus. Aber es wäre wohl fehl am Platz, jetzt munter rumzuhüpfen und zu singen, wie schön die Welt doch war.
Unschlüssig blieb sie im Raum stehen, lächelte Benni milde an und schüttelte den Kopf.
"Nein, Mama ist nicht sauer. Sie macht sich nur riesige Sorgen."
Aber sauer war sie definitiv nicht. So war ihre Mutter auch nicht. Bisher war sie immer für sie da gewesen, wenn es ernst war. Wenn sie erfuhr, was Jojo schon alles mit Marco angestellt hatte... dann wäre sie sauer. Aber so nicht.
"Wie ist es überhaupt dazu gekommen?"

Julian setzte sich auf. Jojo war ja doch schnell hergekommen und sah nun auch sehr besorgt an. Vermutlich ging es ihr gerade ähnlich wie Patrick.
Sauer waren ihre Familien also nicht. Darauf konnten sie aufbauen und wenn sie besorgt waren, würden sie sie wohl auch unterstützen.
"Naja, irgendwie... gabs beim Frühstück Streit mit Manu und dann kam eins zum anderen und als Manu weg war, wollten wir... haben wir halt rumgeknutscht. Bis der Flick reingekommen ist und uns gestört hat. Und dann haben wir erst bisschen später von dem Video erfahren. Irgendwer muss uns gesehen haben."
So weit mal die Kurzfassung.

Benni nickte.
Julian brachte die Sache in wenigen Worten auf den Punkt.
Immerhin waren seine Eltern nicht sauer sondern nur besorgt. Dann konnten sie sich wohl von dieser Seite aus auch auf Rückhalt verlassen.
"Ja... in etwa so war das. Keine Ahnung, wie das passiert ist. In den Speisesaal kommt man ja eigentlich als Außenstehender nicht so rein."

Kurz gesagt hatten sie die Vernunft also über Bord geworden und konnten nicht die Finger voneinander lassen. Das war natürlich jetzt extrem dumm gelaufen. Aber vermutlich war sie immer noch dümmer gewesen als Benni. Lag wohl tatsächlich in der Familie, dass sie das Gehirn mal ausschalteten.
"Und was wollt ihr jetzt machen? Marco und Ilkay können ihrs ja noch abstreiten. Aber so ein Video ist doch recht eindeutig."
Dagegen konnte man schwer etwas machen. Zumindest fiel ihr nichts ein.

Benni zuckte mit den Schultern.
"Ich weiß auch nicht, ob leugnen da der richtige Weg ist... wir überlegen, ob es nicht klüger ist, sich richtig zu outen."
Er seufzte und strich sich durch die Haare, zog Julian an sich.
"Ich glaub zumindest, dass es nicht anders geht... alles andere würde vermutlich auf lange Sicht unserer Beziehung noch mehr schaden."

Julian lehnte sich an Benni, konnte dem nicht mehr viel hinzufügen. So richtig fassen konnte er es selbst noch nicht, dass sie sich wirklich outen wollten. Das war doch ein großer Schritt, der ihr komplettes Leben verändern würde.
Aber es musste wohl sein und es gab keinen anderen Weg, wenn sie ihre Beziehung weiterführen wollten. Das würde kaum funktionieren, wenn sie sich immer verstecken mussten.
"Wir hoffen, dass sich uns andere anschließen. Vielleicht wird es dann leichter."

Richtig outen... Das war ein harter Schritt. Aber vielleicht genau das, was sie tun mussten. Im Grunde war es überfällig, dass sich schwule Fußballer offiziell zeigen konnten. Es wäre ihr nur recht gewesen, wenn jemand anderes als ihr Bruder geoutet worden wär.
"Okay...", murmelte sie, wusste noch recht, was sie dazu sagen sollte. "Wenn ich was tun kann, dann sagt es mir. Ich tu alles, was ich kann."

Benni lächelte.
"Ich glaub, du kannst nicht allzu viel tun."
Er zumindest konnte sich das nicht so recht vorstellen, wie sie ihnen helfen konnte. "Solang unsere Familie da ist, ist alles gut", meinte Benni zuversichtlich.
Julian gehörte auch zur Familie, dieser Meinung war Benni mittlerweile und wenn sie alle zusammenhielten, dann war das schon mal das wichtigste.
"Du wirst ja wohl nicht zufällig jemanden kennen, der sich mit outen will?"

Unsere Familie? Schloss das ihn auch mit ein? Es würde ihn jedenfalls sehr freuen, wenn er bei Benni eine richtige Ersatzfamilie gefunden hatte. Das hatte er ja auch wirklich. Das hatte Benni ihm ja auch gesagt, nachdem sie sich nach Bekanntwerden von Lisas Schwangerschaft getrennt hatten.
Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen rutschte er noch näher an Benni heran, kuschelte sich an ihn.

War ja schon irgendwie süß, wie Julian sich an Benni klammerte. Wenn die beiden auch weiter so zusammenhielten, konnten sie das alles schon schaffen.
"Ich könnt mit Marco reden."
Noch in dem Moment, als sie es vorgeschlagen hatte, bereute sie es. Sie wollte nicht mit Marco reden.
"Oder... mit irgendwem sonst. Wer auch immer hier alles schwul ist."

Benni lächelte und strich Julian liebevoll über den Rücken.
"Unsere Familie", wiederholte er liebevoll. "Du gehörst da natürlich dazu." Julian schien etwas ungläubig, aber hoffnungsvoll und so zog Benni ihn eng an sich.
Dankbar sah er Jojo an. "Ja... vielleicht hört Marco eher auf dich als auf uns. Wir liegen im Moment eh ziemlich im Clinch. Wir fragen dann mal Manu... und dann schauen wir mal, wer sonst noch."
Irgendwer würde bestimmt mitziehen. Dann waren sie nicht ganz alleine damit.

Julian lächelte glücklich, hauchte einen flüchtigen Kuss auf Bennis Lippen. So zu hören, dass er zu seiner Familie gehörte, machte ihn wirklich glücklich. Er würde sich freuen, wenn seine Eltern auch noch zur Einsicht kamen. Aber selbst wenn nicht... dann hatte er eben eine neue Familie.
Sagen konnte er dazu nichts. Er ging davon aus, dass Benni auch so wusste, wie glücklich er darüber war.
"Wär prima, wenn du mit ihm reden könntest", sagte er Jojo. Er musste nicht unbedingt mit ihm reden.

Sie hätte das nicht vorschlagen sollen... aber gut, jetzt hing sie da mit drin und sie wollte jetzt auch nicht ausdiskutieren, warum sie nicht mit Marco reden wollte. Außerdem ging es um ihren Bruder und sie musste ihm helfen. Da würde sie dieses Gespräch schon schaffen.
"Ich frag kurz, ob er Zeit hat", murmelte sie und schrieb Marco eine SMS.
"Ich könnt mir vorstellen, dass er richtig mitzieht, wenn sich mehrere Leute finden. Ich denke, das macht alles leichter."

Benni lächelte seine Schwester dankbar an.
"Wir werden es schon sehen... wir müssen einfach so viele wie möglich zusammen kriegen, wenn wir zu viert, fünf oder sechst sind, wird das bestimmt weniger eklig als wenn wir zu zweit sind."
Je größer die Gruppe war, desto weniger Angriffsfläche boten sie.
"Aber... alles andere würde unsere Beziehung wohl nicht überleben und Julian steht in meiner Prioritätenliste nun mal über allem."

Jojo lächelte. Das merkte man, wie wichtig Julian für Benni war. Sie kannte Benni ja und sie hatte ihn selten so glücklich und verliebt erlebt wie in diesem Moment.
"Ich knüpf mir erstmal Marco vor." Damit hatte sie gerade kein Problem mehr. Sie sah ja, wofür sie es tat. Und mit Marco kam sie ja klar. Wär gelacht, wenn sie mit dem nicht fertig wurde.
"Ich glaub, eine übervorsichtige Beziehung macht nicht so viel Spaß. Aber da sollte sich schon wer finden lassen. Es haben sicherlich auch andere das Versteckspiel satt."

Glücklich lächelte Jule in sich hinein. Benni war für ihn auch das wichtigste und lieber gab er seine Karriere auf als seine Beziehung. Dessen war er sich mittlerweile ganz sicher.
"Ich hoffe, dass andere mitziehen. Das macht es für uns auf alle Fälle leichter. Und mit etwas Glück bringen wir so wirklich einen Stein ins Rollen."

Benni nickte. Das war wirklich das, worauf er hoffte. Dass eine kleine Gruppe es schaffte, eine regelrechte Outingwelle nach sich zu ziehen, dass sich niemand mehr verstecken musste.
Er drückte Julian einen Kuss auf die Wange. Es war wirklich so, dass Benni sich jetzt endgültig sicher war, dass das mit Julian die Beziehung fürs Leben war.
"Dann redest du mit Marco und wir mit Manu und dann schauen wir mal weiter."

Ob sie damit wirklich einen Stein ins Rollen brachten... Das ließ sich jetzt nicht voraussagen. Vielleicht war es so. Und es würde sie freuen, wenn sie dazu auch einen keinen Teil betragen konnte, indem sie mit Marco redete.
"Okay... Kann ich sonst noch irgendwas tun? Oder wollt ihr lieber eure Ruhe? Dann würd ich wohl auch mal Mama anrufen. Die dreht zu Hause bestimmt durch."

SMS von einem granteligen, liebestollen Dummkopf an eine, die Scheiße gebaut hat  

Komm halt her, wenn du reden willst... sind aufm Sportplatz! Marco

Julian seufzte auf. Er hatte das Gefühl, irgendetwas tun zu müssen, aber... er konnte ja nichts tun außer abzuwarten. Beziehungsweise sollte er demnächst das Gespräch mit Manu suchen. Aber ein wenig drückte er sich noch davor. Aber besser klopfte er schon mal an.
"Ich meld mich mal bei Manu", murmelte er und zückte sein Handy, schickte ihm eine Nachricht.

Können wir reden? Das vorhin tut mir leid... Jule

Benni wandte sich an Jojo.
"Ja... meld dich mal bei Mama", meinte er. "Sag ihr von mir liebe Grüße und dass es mir gut geht, ich melde mich demnächst bei ihr."
Er lächelte zufrieden, als er sah, dass Julian sich bei Manu meldete und liebevoll strich er ihm über den Rücken.

SMS an Jule

Können wir ja..kommst du vorbei?
Ich zumindest kann nicht, hab Bettruhe..