Teampsychologe

Hans-Dieter lächelte leicht. Da gab es wohl eine enge Freundschaft zwischen einem Dortmunder und einem Ex-Schalker. Dass er das noch erleben durfte...
"Deswegen schläfst du jetzt auch erst mal bei ihm?" Ob Manuel selber darauf eingehen würde, dass er nicht gut alleine schlief?

Manu nickte. "Klar.. spricht ja nichts dagegen." Manu zuckte mit den Schultern und lächelte leicht. "Es ist für uns beide wohl das beste so.. also wieso nicht!" Manu wusste nicht..worauf Didi heraus wollte, aber er würde es wohl erfahren. Aber..wenn er jetzt das schlafen ansprach?! Hatte Leo geplaudert?!

"Wieso nicht ist eine gute Frage. Ich sehe nichts, was dagegen spricht. Ich frage nur, weil Leonardo mir erzählt hat, dass er Probleme hat alleine zu schlafen und es euch beiden wohl gut tun würde nicht alleine zu sein. Da dachte ich, ich frage mal nach, ob es bei dir ähnlich aussieht." Es war wieder ein freundliches Lächeln, was Hans-Dieter Manuel schenkte. Normalerweise sprach er ja nicht über Dinge, die ihm erzählt wurden, aber in diesem Fall wusste Manuel ja davon, wie es mit Leonardo war im Moment. Er fand auch, dass er die Frage ganz gut gestellt hatte. So deutete nichts daraufhin, dass Leonardo konkretere Aussagen gemacht hatte.

Manu zog die Stirn kraus. Er glaubte echt.. dass Leo geplaudert hatte. Na ja gut.. so genau nicht, aber Didi war schlau genug, um sich seinen Teil zu denken. "I-Ich.. ja..also keine Ahnung.. ich fühl mich schon wohler, wenn ich jemanden neben mir habe.. früher..war es schlimmer, aber inzwischen komm ich schon damit klar, alleine zu schlafen.. " murmelte Manu.

"Das heißt, du hast das schon länger, dass du Probleme hast alleine zu schlafen?", hakte er nach. "Gab es da mal ein Ereignis, warum du diese Probleme hast?" Musste es, die Frage war, ob Manuel sich daran erinnern konnte bzw. es damit in Verbindung bringen konnte.

Manu nickte. "Ja schon.. seit.. seit ich in München bin ist das so.." Manu schüttelte seufzend den Kopf. Das konnte nicht sein. "Aber.. das ist doch quatsch..ich war es halt einfach nicht gewohnt alleine zu sein und dann.. keine Ahnung.." Manu schüttelte einfach wieder den Kopf. "Ich bin gerade... verwirrt!" gestand er leise. Er hatte nie.. darüber nach gedacht.

"Hey, immer der Ruhe. Das ist nichts schlimmes und es ist vielleicht mal ganz gut, dass wir darüber reden." Hans-Dieter versuchte beruhigend auf Manuel einzureden. "Hattest du Angst als du nach München gekommen bist? Bzw. vorher, bevor du dorthin gezogen bist? Angst, dass du dem Druck nicht gewachsen bist zum Beispiel."

Manu nickte. "Schon.. der Druck, die Fans, die Ultras..die Schalke Fans.. meine Familie war so weit weg..meine Freunde.. ich.. war..so gut wie alleine..dann das erste Spiel gleich verlorenen und gepatzt!" Manu seufzte. "Es war..scheiße..!" gestand Manu und strich sich durch sein Haar. Er hatte wirklich nie gedacht.. dass das daran liegen könnte.

Hans-Dieter nickte nachdenklich. "Das klingt als wäre das wirklich der Grund dafür. War das die ganze Zeit so als du in München warst oder ging es zwischendurch besser bzw. war es ganz weg, dass du richtig gut schlafen konntest?"

Manu verzog das Gesicht. "Keine Ahnung..also.. halt wenn jemand bei mir war, dann ging es natürlich ganz gut.. nur das war halt eher selten! Nach dem CL Finale zum Beispiel, war es auch ganz schlimm, also das verlorenen.. in.. in Momenten wo ich jemanden gebraucht hätte... war es schlimm!" Manu wurde immer leise zum Ende hin. Ihm wurde gerade selber vieles klar.

"Und wie war es im Gegensatz dazu nach dem gewonnenen Finale? Nach dem Triple-Gewinn?"
Hans-Dieter musterte Manuel nachdenklich. Innerlich schien er zu arbeiten. Das waren wohl viele neue Erkenntnisse, die ihn da trafen.

Manu versuchte sich zu erinnern und lief knall rot an. "Da.. da war ich so besoffen, da war es mir egal, wo oder wie oder mit wem ich geschlafen habe!" gestand er leise. Okay.. das war echt irgendwie bitter. "Es.. Es gab glaub ich.. nach manchen Siegen und so.. wenn ich glücklich war.. konnte ich ganz gut schlafen.. ich hab mich halt immer in die Decke gekuschelt oder so.. "

Hans-Dieter lachte leicht. "Das ist aber keine Möglichkeit für immer, dass du dich betrinkst, damit du gut schlafen kannst, hörst du?" Dann wurde er wieder ernster. "Kannst du sagen, dass du dich wohl fühlst in München? So richtig? Wie in Gelsenkirchen auch?"

Manu lachte auf. "Ja, ja. das weiß ich... aber bei so einer Feier geht das mal!" grinste er, doch bei Didis nächste Frage verging ihm das Grinsen. "Also.. ich fühl mich schon sehr wohl in München.. sonst wäre ich nicht schon so lange dort.. es hat was in mir verändert, ich hab mich verändert.. das hab ich oft gehört und spür es auch..aber.. so wie auf Schalke, in Gelsenkirchen... werd ich mich wo anders wohl nie wohl fühlen!"

"Wie ist das denn, wenn du im Urlaub warst? Oder mal bei einem Kumpel oder bei deinen Eltern im Gästezimmer übernachtet hast? Und hattet ihr bei Bayern immer Doppelzimmer oder warst du da oft alleine im Hotelzimmer? Wie war es dann?"
Hans-Dieter versuchte dem Grund mehr auf die Schliche zu gehen. So ganz wollte ihm das Licht nicht aufgehen, allerdings gab es da noch einen Punkt. Wenn das zusammenhängen würde, wäre das echt interessant...

Manu war gerade etwas überfordert. "Ähm.. im Urlaub..schlaf ich nie gut.. also.. hier ja auch nicht. Bei meinen Eltern im Haus schlafe ich eigentlich immer ziemlich gut, da..weiß ich, dass ich zu Hause bin. Bei Freunden.. ich schlafe ungern wo anders..bei Phil eigentlich ganz gut inzwischen.. man gewöhnt sich dran, aber sonst vermeide ich es eher. Bei Bayern... sind wir eher immer alleine.. die wollen halt schon, dass wir uns überall wohl fühlen.. deshalb Einzeln..aber was soll das Gefrage.. hast du eine Idee woran das liegt?" fragte Manu überrascht.

"Weißt du, ich suche nach der genauen Ursache, woran es liegen könnte. Du sagst, du fühlst dich wohl in München, also kann es daran nicht liegen. Du schläfst aber auch woanders schlecht und das fing erst an, als du nach München gezogen bist. Eine Frage habe ich noch und wenn du mir die bejahen kannst, dann haben wir des Rätsels Lösung. Sonst müssen wir weiter suchen", erklärte er und machte eine kurze Pause. "Deine Zweifel, dass du kein guter Torhüter bist, hast du die erst seit du in München bist?"

Manu schaute Didi verwirrt an. Gerade brach so ziemlich alles auf ihn herein. "W-Was ha-hat d-das eine mit dem anderen zu tun?" fragte er stotternd vor sich her. Darüber hatte er sich noch nie Gedanken gemacht. "A-Aber.. ja.. da hat der ganze Scheiß erst angefangen!"

"Was hat das eine mit dem anderen zu tun?" Hans-Dieter lehnte sich etwas zurück und suchte nach Worten. "Weißt du... erinnerst du dich daran, als du das erste Mal verliebt warst? Da hattest du bestimmt Probleme einzuschlafen, weil dich etwas beschäftigt hat. Oder eine Klassenarbeit und du hast vorher nicht gelernt. Ein Vorstellungsgespräch oder Vertragsverhandlungen, von denen du nicht weißt, wie sie ausgehen werden. Wir haben oft Probleme einzuschlafen, wenn uns etwas beschäftigt. Dich beschäftigt, dass du nicht gut bist. Schlecht sogar. Vielleicht sogar so schlecht, dass alle sich von dir abwenden. Wenn aber jemand bei dir ist, hast du die Bestätigung, dass nicht alleine bist und schläfst besser."
Hans-Dieter sah Manuel an. Vielleicht verstand er ja jetzt.

Manu brachte nur ein Nicken zu Stande. Das hörte sich echt logisch an... es machte einen Sinn. "Ja.. das kann sein, das kann sogar ziemlich gut sein.." Manu seufzte. Wie oft lag er schon im Bett und hatte sich überlegt, was er heute falsch gemacht hatte, was er hätte besser machen können.
"Bin ich wirklich so verkorkst, dass ich nicht mal schlafen kann?" fragte er geschockt.

(ich bin dann langsam schlafen)

(Gute Nacht )

"Nein, du bist nicht verkorkst", er schüttelte direkt den Kopf. "Es gibt Menschen, die hat es noch viel schlimmer erwischt. So was ist aber auch... ja, fast schon normal. Es ist menschlich. Wir müssen nur deine Zweifel beseitigen und zwar richtig, dann klappt es auch mit dem Schlafen wieder. Und hier hast du ja Leo, also bist du erst mal nicht allein und ihr könnt euch gegenseitig unterstützen."
Was danach war, wusste Hans-Dieter allerdings nicht. Er konnte auch nicht sagen, ob das Thema bis zum Ende der WM vom Tisch war. Oder eher, er konnte sagen, dass dem nicht so war. Manuel würde sich da regelmäßig behandeln lassen müssen, was aber auch nichts schlimmes war.

Manu seufzte auf. "I-Ich bin immer noch nicht richtig drüber..ich hab aber keine Lust, dass beim nächsten Spiel.. sollten wir das verlieren.. dass ich wieder so.. ausraste und.. " Manu schüttelte den Kopf. Er hatte.. halt immer noch Angst davor, zu verlieren, zu versagen. Schuld zu sein, dass das ganze Team wieder nach Hause musste.

"Das geht auch nicht von heute auf morgen, Manuel", erklärte Hans-Dieter ihm. "Wir werden da während der WM dran weiterarbeiten und wenn du in München bist auch. Ich werde gucken, ob ich dich da an einen Kollegen weiterempfehle, da ich wohl nicht immer da sein kann. Aber das können wir nach der Sommerpause immer noch entscheiden. Wichtig ist, dass wir hier die Grundsteine dafür legen, dass der Weg in die richtige Richtung geht. Und, Manuel, du musst dir wirklich bewusst sein, dass du dich nicht unter Druck setzen darfst. Man kann nicht erzwingen, dass du die Zweifel bereits seit drei Tagen nicht mehr hast."

Manu seufzte auf. "Ja.. leider..auch wenn ich gerne hätte, dass ich schon drüber hin weg wäre!" Manu lehnte sich zurück und zog die Beine an seinen Körper. "Ich.. hätte echt nicht gedacht, dass sich das sogar auf meinen Schlaf auswirken könnte.. " Schockte ihn schon etwas. "Das wäre echt nett, wenn.. wenn wir das weiter führen würden.. ich glaub.. das ist echt wichtig.. sonst verfalle ich wieder komplett in Zweifel. Ich.. versuche mich nicht unter Druck zu setzen. aber... es ist schon schwer!"

"Es hat nie jemand gesagt, dass das Leben leicht." Hans-Dieter lächelte etwas, ehe er wieder ernster wurde. "Weißt du, Manuel, deine Zweifel sind deine Gedanken und du selbst bestimmst über deine Gedanken. Es klingt vielleicht komisch, aber du brauchst eine gewisse Gedankenkontrolle. Eigentlich bestimmst du selber über deine Gedanken, aber der Mensch ist zu oft ein schwaches Wesen und wir lassen und von unseren Gedanken beeinflussen. In deinem Fall geht es darum, dass wir versuchen deine Gedanken in eine positive Richtung zu treiben. Im Moment verfallen sie viel zu oft auf die negative Seite."
Hans-Dieter machte eine kurze Pause.
"Viele Philosophen sagen 'wir sind, was wir denken'. Oder anders ausgedrückt: Wir sind die Summe unserer vorherrschenden und klarsten Gedanken. Das bedeutet, wir haben nicht nur die beeindruckende Fähigkeit zu denken, was allein schon großartig ist. Hinzu kommt, dass wir in der Lage sind unsere Gedanken nach Belieben zu lenken und sie auf ein bestimmtes Ziel oder einen Wunsch zu richten. Bei dir wird - wie schon gesagt - dieser Wunsch sein positiv zu denken und an dich zu glauben. Dabei kann das Umfeld helfen. Gutes Zureden, aufmunternde Worte, aber es muss auch von dir kommen. Verstehst du?"
Das waren sicher viele Informationen auf einmal. Vor allem jetzt, wo Manuel erst mal damit klar kommen musste, was seine Zweifel für eine Kettenreaktion auslösten.