Hotelzimmer von Mario Götze

Marcos Worte kamen nur stumpf bei ihm an. Er verstand nicht allzu viel, nur, dass Marco bei ihm bleiben würde. Und das war das Wichtigste. Nur das zählte. Aber schlafen wollte er nicht mehr, weshalb er versuchte sich aufzusetzten. Er kam aber nicht weit, weil Marco ihn weiter festhielt.
"Aufstehen... Emy... Emy soll mich küssen. Ich... liebe sie... Marco... dich auch... Aber..." In Marios Kopf wurde es noch nicht richtig klarer. Und sein Mund brachte auch Sätze hervor, die nicht wirklich brauchbar sind.

Marco schüttelte resolut den Kopf und zog Mario enger an sich. "Nichts aufstehen... Du bleibst schön liegen und ruhst dich aus, ja? Du hast mir vorhin einen ziemlichen Schrecken eingejagt, weißt du das?" Er strich Mario mit einer Hand sanft über die Wange und seufzte. "Emy kann dich aber gerade nicht küssen, Mario. Sie ist nicht hier." Dass Mario Emilia immer noch liebte, machte die ganze Sache nicht unbedingt einfacher, aber er hatte eigentlich auch nichts anderes erwartet. "Ich liebe dich doch auch, Kleiner..."

Er und Schrecken eingejagt? Wie das denn? War doch nichts passiert. Er hatte einfach geschlafen. Und das sehr schön, ohne Schmerzen. Hmm, naja fürs erste würde es helfen, wenn er weiter neben Marco liegen durfte. Aber er wollte sie küssen. Jetzt und nicht erst in drei Jahren. "Hol... Emy halt her... Sie soll mich küssen... und lieben und alles..." Er wusste nicht mehr, was vor einigen Stunden passiert war, aber er wollte Emy bei sich haben.

"Das... das geht nicht, Mario. Du musst jetzt schlafen, okay? Du musst dich ausruhen", widersprach er ihm und zog die Decke zurecht, die durch Marios hin und her drehen verrutscht war.
Dass Emilia ihn nicht küssen würde, konnte er ihm jetzt nicht sagen, das würde ihn nur wieder traurig machen. Da sollte er lieber weiterhin so verwirrt bleiben.

Mario wurde sauer. Emy sollte kommen. Und das jetzt! Er wollte sie küssen. Wütend warf er die Decke weg und bewegte sich ruckartig hin und her. Die Beruhigung hatte so gut getan eben und nun war alles wieder weg. Die Unruhe und die Schmerzen kamen zurück. "Eeeemyyyy", rief Mario und hoffte, dass sie kommen würde.

Marco zuckte zusammen, als Mario die Decke zurückschlug und versuchte, aus seiner Umklammerung herauszukommen. "Mario! Lass das! Beruhig dich wieder, Emy kann dich von hier aus sowieso nicht hören." Er verstärkte seinen Griff wieder und schlang nun auch noch ein Bein um den Körper seines besten Freundes. "Bitte, Mario... Dein Körper braucht Ruhe, schlaf noch etwas."

Jetzt hatte Mario überhaupt keinen Spielraum mehr, weil Marco ihn so fest umklammerte. Irgendwie machte ihm das Angst, obwohl er wusste, dass es nur Marco war. Sein Gehirn kapierte das aber nicht richtig, stattdessen zitterte er am ganzen Körper. "Emy... Emy hilf mir", rief er laut. "Nicht schlafen!!! Hiiiilfeee", rief er. "Eeeeeemyyy komm her!!!" Dann sackte er allerdings wieder zusammen und er wurde wieder ruhiger.

Marco versuchte, Mario irgendwie zu beruhigen, als dieser auch noch anfing zu zittern. Nur wusste er nicht, ob er ihm mehr Freiraum geben sollte, oder ihn lieber halten sollte. "Mario, ich bin's doch nur, Marco. Bitte, beruhig dich und brüll nicht so... Emy... Emy muss arbeiten, aber sie kommt dich doch später besuchen, weißt du das nicht mehr?" Er strich Mario beruhigend durch seine Haare, als dieser wieder ruhiger wurde. "Du siehst sie bald wieder", log er weiter.

Marco war es doch nur. Doch das kam irgendwie nicht an oder zumindest nur teilweise. Er hörte aber Marcos Worten weiter zu, was ihn ein wenig beruhigte. "Nein... aber... ich darf nicht schlafen, wenn sie kommt... Ich bleib wach", stellte er fest und öffnete vorsichtig die Augen. Doch das tat immer noch weh, weshalb er sich einfach in Marcos Arme kuschelte. "Wann ist denn bald?", fragte er wie ein naiver Junge.

"Ich bleibe wach, ja? Und ich wecke dich, sobald sie da ist, versprochen." Er strich mit einer Hand ruhig über Marios Rücken und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. "Bald heißt, dass es nicht mehr lange dauert. Aber wenn du schläfst, vergeht die Zeit schneller."

"Aber... wenn du auch einschläfst? Und sie dann kommt, dann geht sie wieder. Das geht nicht... Ich muss wach bleiben." Was aber irgendwie schwerer war als gedacht. Er merkte, wie er wieder schläfriger wurde. Er konnte nicht mehr länger gegen Marco ankämpfen und wollte einfach in dem Glauben bleiben, dass sie kommen würde und er ihn wecken würde.

"Ich schlafe nicht ein, versprochen. Ich wecke dich, wenn sie hier ist..." Er verlangsamte seine Bewegungen auf Marios Rücken und drückte ihm noch einen Kuss aufs Haar, bevor er die Decke wieder über seinen Körper zog. Wie die Sache so eskalieren konnte, war ihm wirklich ein Rätsel. Eigentlich hatte er sich bei ihm über Lisa ausheulen wollen, das konnte er jetzt aber vergessen. Das würde er ihm nicht antun.

Mario spürte noch Marcos Lippen auf seinem Kopf und fiel dann wieder in einen Schlaf. Emy kam darin vor. Sie waren zusammen im Park spazieren. Zwei Kinder so um die 5 Jahre liefen voraus und ein ganz Kleines lag in einem Kinderwagen, welchen Mario schob. Es war ein herrlicher Sommertag in einem wundervollen Park. Es gab dort ein großes Schwimmbad, einen großen Turm und ein Fußballstadion mit Flutlichtanlage. Wenn man einen kleinen Bogen ging, war außerdem eine Eissporthalle zu finden und eine große Veranstaltungshalle. Mario war glücklich hier zu sein, er fühlte sich sehr wohl.
Als aber ein heller Lichtschein zu Marios Augen kam, verschwamm die Szenerie und er wachte wieder auf. Er öffnete die Augen und sah Marco neben sich liegen. Schlagartig kam alles zurück. Emy war nicht arbeiten und sie würde auch nicht kommen. Sie würde nach München gehen ohne ihn. Aber... aber was war das für ein komischer Traum gewesen?

Marco lächelte zufrieden, als Mario endlich wieder einschlief. Er schien auch relativ ruhig zu schlafen, bis er plötzlich die Augen wieder aufschlug. Marco seufzte und kam sich dabei vor wie ein Vater, der endlich wollte, dass sein Kind mal durchschlief. "Mario... Schlaf weiter, ja?", flüsterte er und strich ihm durch die Haare. Dass Mario inzwischen wusste, dass Emilia nicht kommen würde, ahnte er nicht. "Ich weck dich, wenn sie da ist."

Mario drehte sich zu Marco und sah ihn an. "Den Quark kannst du dir sparen Marco", sagte Mario langsam aber bestimmt. "Ich weiß, dass sie nicht mehr kommt. Ich glaube... langsam weiß ich wieder, was passiert ist... Sie also sie geht nach München zu Manu oder?" Er raufte sich die Haare und drehte sich auf den Rücken. "Ich... hab sowas komisches geträumt grad... Ach egal...", seufzte Mario.

Marco schluckte ertappt und drehte Mario sanft aber bestimmt wieder zu sich herum. "Tut mir Leid, Kleiner. Ich wollte dich nicht anlügen, aber du warst so panisch und... ich musste dich doch irgendwie beruhigen..." Er nickte langsam, runzelte aber irritiert die Stirn, als Mario etwas von einem Traum redete. "Was hast du geträumt, Mario? Erzähl es mir, bitte."

Mario registrierte, dass Marco schon ein kleines schlechtes Gewissen bekam, strich ihm dann aber sanft über die Wange. "Danke, dass du für mich da warst", flüsterte er und küsste ihn auf die Stirn. Langsam begann er zu erzählen. "Da.. ach da war so ein Park. Ich kenne ihn nicht. Mit großem Turm, Einsport- und Freizeithalle, Schwimmbad und und Fußballstadion. Weißt du, ob es das gibt?", fragte er vorsichtshalber. Womöglich hatte er sich das eingebildet. Träume halt. Er glaubte nicht wirklich an irgendwelche Traumdeuter oder dass davon irgendetwas existierte.

"Für dich bin ich immer da, das habe ich doch schon gesagt...", murmelte er und lächelte. Als Mario allerdings seinen Traum erzählte, verfinsterte sich sein Gesichtsausdruck. "Also... für mich hört sich das nach München an. Der Park mit dem Turm und so... Und die Hallen..." Er schüttelte den Kopf. "Aber ich kann mich auch irren."

Mario schlug sich mit der Hand vor die Stirn. Natürlich. Wie doof war er eigentlich gewesen. München und der Olympiapark. Aber was war mit dem Traum? Hatte er irgendwas zu bedeuten? Nein, natürlich nicht. "Hmm... also ich war mit ihr dort. Und.. also da waren 2 Kinder, so 5 Jahre alt und blond." Er schluckte. Natürlich waren sie blond, waren ja auch von Manu. Mario konnte sich nicht mehr genau erinnern, aber das Baby war nicht blond gewesen, soweit er wusste. "Und also da war noch ein Baby. Ich... also ich hab es im Kinderwagen geschoben." Mario gab seinem Unterbewusstsein einen harten Tritt. Wie konnte er nur so etwas träumen?

Marco seufzte leise und strich Mario durch seine Haare.
"Das war nur ein Traum, Kleiner. Vielleicht hast du einfach geträumt, dass du sie besucht hast, das ist vollkommen normal, dass du dir jetzt über solche Sachen Gedanken machst, während du schläfst."

"Hm, ja vielleicht", murmelte Mario. Er wusste zwar, dass es nur ein Traum war, aber es wäre doch schön, wenn es keiner wäre, oder? Konnte er damit leben? Emy nur ab und zu in München besuchen? Aber was sollte er dann da? Er war nicht der Vater der beiden und zusammen waren sie nicht und würden sie wohl auch nie kommen... in ihm zog sich etwas zusammen. Der Schmerz machte sich wieder bemerkbar. München machte das ganze nicht einfacher. Im Gegenteil. Wann war er schon mal da? So konnte er ihr selbst in Deutschland nicht zeigen, was er für sie fühlte... moment. München... Mario drehte sich zu Marco um und sah ihn einfach nur an. München will mich. Dieser Gedanke schrie regelrecht in seinem Kopf. Er dachte an Volker und das Angebot der Bayern. Er konnte mit ihr gehen. Wenn er denn wollte.

Marco konnte förmlich beobachten, wie es in Marios Gehirn arbeitete. Der Blick den er ihm allerdings zuwarf, gefiel ihm ganz und gar nicht. "Was heckst du aus?..." Er überlegte, was ihm bei München denn einfallen könnte und erstarrte. "Mario... du hast versprochen, das Angebot für München nicht anzunehmen! Das kannst du mir nicht antun!"

"Was will ich denn da? Hm?? Sie geht mit Manu und ihren Kindern da hin, was genau soll ich dort also tun? Babysitter spielen, wenn niemand Zeit hat für die Kinder? Sie will mich nicht und das muss ich akzeptieren. Und das werde ich, auch wenn es mich zerreißt. Oder dabei ist mich zu zerfressen. Also hab ich überhaupt keinen Grund das Angebot anzunehmen..." Aber was hatte der Traum zu bedeuten? Gab es so etwas wie Zukunftsvisionen?

Marco atmete erleichtert auf. "Gut... ich... ich wollt das nur mal klarstellen, damit du nicht irgendwie denkst, der Traum würde etwas bedeuten. Mario, deine Zukunft bestimmst du selbst und nicht Emilia, okay?"

Mario schluckte bei diesen Worten. "Glaubst du an Schicksal, Marco?", fragte Mario einfach so. Er war sich da nicht mehr sicher. "Schon klar, Marco...", fügte er nur noch hinzu. Er wusste nicht, was er Marco sagen sollte. Wenn Emy ihn haben wollen würde, würde er nach München gehen. Gegen alle Widerstände.