Hotelzimmer von Mario Götze

Marco schüttelte weiterhin den Kopf. "Trotzdem. Sag so etwas nie wieder! Auch nicht, wenn es nicht ernst gemeint ist! Bitte!" Er wischte ihm so gut es ging die Tränen von den Wangen und seufzte. "Natürlich habe ich das so gemeint. Wir kennen uns schon so lange und verstehen uns blind. Was würde ich denn machen, wenn du nicht mehr bei mir bist? Ich würde dir wahrscheinlich folgen, also lass so einen Scheiß. Lenk dich irgendwie ab, aber nicht mit Betäubungsmitteln..." Er drückte Mario einen Kuss auf die Wange. "Ich dich doch auch, Kleiner."

"Dann sag mir was anderes, wie es aufhört! Marco ich kann nicht mehr hörst du? Ich bin am Ende meiner Kräfte und es wird nicht mehr besser. Sie geht einfach so nach München und lässt mich hier. Wie kann sie mir das antun? Soll sie doch glücklich mit ihrer Familie werden. Manu und sie und ihre beiden Babys. Sie wird mich eine Woche nach der WM vergessen haben und dann ist sie glücklich." Er schluckte und redete einfach weiter. "Kannst du nich zu Müwo gehen und mir irgendwas holen? Irgendwas, dass die Schmerzen aufhören? Wenn du mich so liebst, dann hol mir was. Nur eine, ich will ja nicht sterben. Ich liebe dich und würde niemals freiwillig ohne dich gehen. Aber nur eine, damit das aufhört. Ich... Marco.. ich.. bitteee!!!!", rief Mario verzweifelt.

Marco spürte die Panik in sich aufsteigen. Er verstand nur die Hälfte, die Mario in seinem Redeschwall loswurde und was er tun sollte, wusste er nicht. Er wusste nur, dass er ihn zum Schweigen bringen wollte. Seine missglückten Versuche, ihn zu unterbrechen, endeten alle in leisen "Mar... Mario... Ma... Komm schon..." und wurden ignoriert.
Bevor er überhaupt reagieren konnte, hatte er ihm bereits seine Lippen aufgepresst und genoss den kurzen Moment Stille, bis ihm bewusst wurde, was er da gerade tat. "Sorry", keuchte er, sobald er sich von ihm gelöst hatte. "Ich wollte nur, dass du still bist", murmelte er verlegen.

Mitten in Marios Redeschwall wurde er auf einmal unterbrochen. Erst als Marco wieder von ihm abließ sah er ihn überrascht an. "Marco... was war das?" Er fasste sich an die Lippen und wusste nicht, was er sagen oder fühlen oder denken sollte. Er bewegte seinen Kopf wieder auf Marcos zu und küsste ihn noch einmal sanft. Das war falsch, aber sowas von falsch.
Er durfte doch seinen Freund nicht küssen. Alles in ihm schrie, dass es falsch war. Er konnte nur einfach nicht mehr. "Marco, wir dürfen das nicht. Es ist falsch. Du hast Lisa und ich... Naja egal... Aber ich hab versprochen, dass ich dich von diesen Dummheiten abhalte, also nein." Schmerzverzerrt lächelte er und kuschelte sich wieder an ihn.

Marco zuckte zusammen, als er für einen kurzen Moment wieder Marios Lippen auf seinen spürte. Es fühlte sich ungewohnt an, aber trotzdem nicht schlecht. Allerdings hatte sein bester Freund vollkommen recht, sie sollten so etwas nicht tun. Er nickte langsam. "Entschuldigung, ich weiß auch nicht, was das war... Ich... ich wollte dich nur ablenken und... ja... Sorry, das bringt nur Probleme. Danke, dass du mich aufgehalten hast."

Mario schüttelte zögerlich den Kopf, als Marco sich entschuldigte. "Nein... nein... Marco... Das ist lieb von dir. Ich..." Er sah verlegen zu Boden. "Also... danke! Ich glaube, dass ich einfach jemanden brauche, dem ich wichtig bin. Bei dem ich meine Liebe zeigen kann. Ohne, dass ich gleich solche Schmerzen habe. Marco du bist mir aber einfach zu wichtig, als das ich das hier zulassen könnte. Lisa würde mich umbringen und du willst das doch auch gar nicht."
Er sah ihm in die Augen. "Ich muss lernen sie zu vergessen. Danke, dass du mir zeigst, dass ich etwas wert bin. Ich vergesse das im Moment leider zu oft."

"O-okay..." Ob er es so meinte? "Ich hab keine Ahnung... Es hat sich in dem Moment einfach richtig angefühlt, du warst so verzweifelt und du hast mir einfach so Leid getan... Aber, du hast recht... Lisa sollte davon auch nicht unbedingt erfahren, sonst ist sie noch argwöhnischer, als sowieso schon, wenn wir was zusammen machen..." Er strich Mario lächelnd durch seine Haare. "Aber das Ganze ändert nichts zwischen uns, oder? Das war doch nur... waren nur zwei Küsse."

Es waren nur zwei Küsse? Das stimmt so überhaupt nicht. Denn für Mario war das alles sehr viel mehr gewesen. Marco hatte das große Loch in seinem Herzen zumindest ein wenig geschlossen und ihm gezeigt, dass er etwas wert war. Dass jemand ihn liebte. Wenn er es sich auch von einer anderen Person gewünscht hätte. "Marco, es ändert nichts zwischen uns. Ich... könnte niemals ohne dich leben... ohne mit dir zu scherzen, mich mit dir zu kabbeln oder dir mein Herz auszuschütten. Wie könnte sich dann zwischen uns etwas ändern?" Er kuschelte sich in seine Arme und fühlte sich so geborgen wie schon lange nicht mehr. "Großer, du machst den ganzen Scheiß gerade ein bisschen besser, weißt du?", murmelte Mario undeutlich.

Marco nickte erleichtert. Er zog ihn fester in seine Arme und drückte ihm einen Kuss aufs Haar. "Ich geb mein Bestes...", murmelte er leise. "Aber jetzt mal im Ernst, soll ich MüWo oder Didi holen? Oder glaubst du, es geht auch so? Ich will nur, dass es dir gut geht und es ist keine Schande, sich bei den ganzen Problemen hier mal Hilfe zu holen."

Mario schluckte, wusste aber, dass er Hilfe brauchte. Das hier war nicht mehr normal. Am Liebsten wollte er eine Schmerztablette von Müwo, er wusste aber, dass Marco 1. ihm diesen Wunsch nicht erfüllen würde und 2. das auf Dauer keine Lösung sein würde.
Trotzdem war er die Lachnummer schlechthin, wenn er zum Psychodoc rennen würde. Zitternd schmiegte er sich an Marco. "M-ar-co-ho... Ich hab Angst, weißt du? Ich.. will nicht so enden, wie Benni. Aber ich hab auch Angst zu Didi zu gehen. Was... Was... wenn er lacht, dass ich wegen dieser Probleme komme? Das ist doch bescheuert. 'Hallo Dr. Sommer, ich bin verliebt, sie aber nicht in mich. Was soll ich jetzt tun?' Sag, was ich tun soll. Ich weiß nicht mehr weiter."

Marco strich Mario weiterhin beruhigend durch die Haare und schüttelte den Kopf. "Du musst keine Angst haben, ich bin da und werde dich nicht alleine lassen, ja? ... Mario, Didi ist unser Psychologe, sowas hört er sich dauernd an. Außerdem wird er nicht lachen, er ist Arzt! Er wird sehen, wie schlecht es dir damit geht und er wird alles tun, um dir zu helfen. Wenn du willst, kann ich auch mitgehen und den Raum verlassen, wenn es... zu persönlich wird."

Mario sah seinen Freund ungläubig an. Er würde sogar mitkommen? Das war mehr als er jemals erwartet hatte. "Du würdest mitkommen? Wirklich?" Er drückte seinen Freund an sich und drückte sein Geischt an Marcos Halsbeuge. "Ich habe keine Geheimnisse vor dir Marco. Ich habe dir bereits erzählt, dass ich mit ihr geschlafen habe und wie toll das Gefühl war. Und du kennst alle meine Gefühle, teilweise besser als ich selbst. Aber... ich hab Angst, dass du dich von mir abwendest, wenn du das alles noch einmal hörst. Du musst sehr wütend auf mich sein, dass ich es einfach nicht kapiere..." Schuldbewusst ließ er den Kopf auf das Kissen fallen.

"Natürlich würde ich mitkommen. Vielleicht hat Didi ja auch ein paar Tipps für mich. Immerhin muss ich ja auch damit klarkommen, dass ich als Vater nur die zweite Geige spiele und Benni wichtiger ist. Da haben wir beide das gleiche Problem." Er strich Mario beruhigend über den Rücken. "Hey... ich bin nicht wütend auf dich. Du bist mein bester Freund und selbst wenn ich es zum vierten Mal hören würde, ich würde immer noch versuchen, dich zu verstehen und dir zu helfen."

Womit habe ich so einen Freund nur verdient, fragte sich Mario immer wieder. Das hatte er nicht, dessen war er sich sicher.
"Ich... schäme mich so...", flüsterte Mario. "Aber wenn du mitkommst, würde ich hingehen. In einem muss ich dir aber Unrecht geben. "Wir haben nicht das gleiche Problem. Immerhin liebt Lisa dich, wenn wir ihr glauben. Aber Emy liebt mich nicht. Sie mag mich ja, aber Liebe empfindet sie nicht für mich. Und wird sie vermutlich auch niemals tun." Er wollte Marco so gerne, einfach etwas zurückgeben, dafür, dass er immer für ihn da war. Aber er wusste nicht wie. Streichelte Marco auch ganz sanft über den Körper. "Ich bin dir so dankbar.. Das glaubst du gar nicht, Großer"

"Wieso denn? Du musst dich doch nicht schämen... Ich war auch schon mal bei Didi, zwar nicht hier, aber er ist in Ordnung, glaub mir..." Marco genoss Marios leichte Berührungen und lehnte sich entspannt in das Kissen. "Wir kriegen das hin, Mario. Ich weiß noch nicht wie, aber irgendwie kriegen wir das hin, ja?"

"Na aber wegen so einer Kinderkacke zu Didi zu rennen... Du wirst bestimmt einen guten Grund gehabt haben, dass du zu ihm gegangen bist. Aber meins ist doch mehr oder weniger albern..." Mario legte seinen Kopf auf Marcos Kopf ab und fuhr mit seinen Fingern Muster auf Marcos Körper.

"Kinderkacke? Mario, du bist grad voll ausgerastet und hast überlegt, Schmerztabletten und Alkohol zu nehmen. Das ist keine Kinderkacke! Das ist ernst! Und wenn du nicht hingehst, schleppe ich dich halt hin!" Er griff nach Marios Hand und drückte sie leicht. "Bitte, Mario..."

Marco schien das wirklich erst genommen zu haben, dabei hatte er keinen Moment ernsthaft daran gedacht. Nein, dafür war das Leben eigentlich viel zu schön. Eigentlich, denn im Moment war es überhaupt nicht schön. Als Marco seine Hand nahm und ihn fast anflehte streichelte er über seine Wange. "Marco, wenn du mitkommst, dann geh ich hin. Ich verspreche es dir. Aber bitte vergiss, was ich eben gesagt hab. Ich lasse dich nicht allein, das verspreche ich dir. Aber eine Tablette hätte ich schon gerne. Einfach, damit es nicht mehr wehtut... Aber ich habs kapiert. Das ist keine Lösung."

Marco lächelte und genoss Marios Berührungen. "Gut, dann gehen wir nach der Spielanalyse zusammen hin, okay? Genau darüber solltest du mit ihm sprechen, Mario. Selbst wenn es nur eine Tablette ist, das... das solltest du gar nicht wollen, bitte. Tabletten sind niemals eine Lösung und vor allem du als Sportler solltest wirklich nicht darauf zurückgreifen."

Mario nickte zaghaft, er wusste das alles. Natürlich wusste er das. Aber er wollte diesen Schmerz nicht mehr fühlen. Wollte nicht, dass der Schmerz ihn zerfraß. Von innen wie eine Raupe.
"Ich... Marco ich hab keine andere Idee. Es tut so weh. Nur wenn ich hier bin bei dir... Dann ist es erträgtlich. Also bitte... bitte lass mich nicht allein ja? Egal was passiert oder was ich mache oder was los ist. Geh nicht ja?" Mit Kulleraugen sah er seinen Freund an. Er wiederholte sich momentan ständig, aber wusste nicht, was er sonst sagen sollte.

"Es wird besser werden, Mario. Es muss etwas geben, dass dir hilft... Bitte, vergiss diese Tabletten, bitte! Ich lasse dich nicht alleine. Niemals, habe ich dir doch gesagt." Er zog schließlich die Decke über sie beide und seufzte. "Willst du dich noch ein bisschen ausruhen? Oder wollen wir irgendetwas machen?"

"Es gibt etwas was mir hilft, Marco. Das ist Emy... Emy und ihre Kleinen. Aber da bist auch du. Bei dir kann ich mich gut fühlen. Du bist immer für mich da und lässt mich nicht im Stich, egal was für nen Scheiß ich baue. Manchmal denke ich, dass ich dich nicht verdient hab. So einen tollen Freund hab ich eingentlich nicht verdient..."
Als Marco die Decke über sich und ihn legte, drehte sich Mario auf die Seite um ihn besser ansehen zu können. Er sah seinem Freund tief in die Augen, Marco hatte neben Emy die schönsten Augen der Welt.

"Du.... das geht halt gerade nicht, aber das wird schon, ja? Aber ich werde immer für dich da sein. Natürlich hast du mich verdient, ich bin doch auch nicht viel besser, als du. Wir gleichen uns halt aus und lieben uns wie Brüder." Er schluckte, als Mario sich so drehte, dass er ihm genau in die Augen sah. Er war eindeutig viel zu nah, als dass Marco sich da jetzt noch zurückhalten könnte. Mario tat ihm einfach so leid und musste dringend auf andere Gedanken gebracht werden. Außerdem waren sie beste Freunde und nichts davon würde je diesen Raum verlassen. Zögerlich beugte er sich wieder nach vorne und verschloss seine Lippen mit denen seines besten Freundes.

Als Marcos Gesicht sich seinem näherte, schloss er die Augen und nahm Marcos Lippen in Empfang. Langsam und sanft bewegte er seine Lippen auf Marcos und erwiderte den Kuss. Konnte nur noch an das schöne Gefühl denken, was sich in seinem Bauch ausbreitete. Er fühlte sich geliebt und war seinem besten Freund undendlich dankbar für diese Geste. Es war klar, dass dies niemals irgendwer erfahren würde und sich auch sonst nichts an ihrer Beziehung ändern würde.
Aber für den Moment war es einfach richtig. Denn was sich so richtig anfühlte, konnte nicht falsch sein.

Marco seufzte in den Kuss und rutschte näher an Mario heran, bis kein Blatt mehr zwischen sie passte. Er strich mit seiner Zunge fordernd über Marios Lippen und hoffte, damit nicht irgendeine Grenze ihrer Freundschaft zu übertreten. Mit einer Hand streichelte er durch Marios kurze Haare.