Teampsychologe

"Okay..." Er nickte und strich sich schnell seine Haare wieder glatt. "Ja, lass uns auf mein Zimmer gehen... Ich muss für Didi sowieso noch was machen", antwortete er und zog Manu auf die Treppe zu.

Tbc: Zimmer von Leo & Mo

Hans-Dieter sah den beiden lächelnd nach. In gewisser Weise waren sie schon süß zusammen.
Er ließ die Tür auf als er sich an seinen Unterlagen zu schaffen machte. Er heftete sie ordentlich ab und machte sich dann Gedanken, wie sie Stück für Stück das Selbstvertrauen der beiden stärken konnten.
Während er da so saß, fiel sein Blick auf das Essen. Schnell nahm er sich noch was von dem Baguette, ehe er an der Rezeption anrief und darum bat es wieder abzuholen.

Es wurde noch ein langer Tag, an dem Hans-Dieter über seinen Unterlagen brütete. Irgendwann ging er zum Abendessen und dann in sein Zimmer. Er brauchte dringend Schlaf.

tbc: Zimmer von Didi

cf: Zimmer von Leo & Mo

Leo klopfte zaghaft an die Tür und ließ sich danach seufzend an der Wand herunter, bis er auf dem Boden saß. Etwas Zeit würde er dem Doc geben, bis er wieder zurück zu Manu ging, oder am besten vorher noch MüWo informierte.

Leo sah inzwischen ziemlich angesäuert auf die Uhr und warf die Karteikarten vor dem Büro auf den Boden. War doch sowieso Schrott, der da drauf stand! Wahrscheinlich hatte er sich mal wieder geirrt und er hatte gar nicht wieder kommen sollen, nichts bekam er auf die Reihe!
Wütend auf sich selber stapfte er in Richtung Besprechungsraum.


tbc: Besprechungsraum

cf: Speisesaal

Hans-Dieter eilte zu seinem Arbeitszimmer. Irritiert blieb er aber davor stehen. Was... waren das die Karten, die er Leo gegeben hatte? Er sammelte sie erst mal alle auf und betrat dann das Zimmer. Die Tür ließ er auf.
Er setzte sich an den Tisch und begutachtete die Karten, die ziemlich mitgenommen aussahen. Was hatte er denn da?
"Beidfüßiger Spieler", "guter Freund", "flink/gelenkig" und "attraktiv", aber in einer anderen Schrift. Die anderen waren alle leer. Er seufzte leicht. Armer Leo, das war alles? Und dann wollte er zu ihm kommen und er verpasste es, weil er im Speisesaal festhing.
Hans-Dieter sah auf die Uhr. Gerade war Besprechung. Wenn Leo nicht von selbst zu ihm kommen würde, würde er sich gleich bei ihm melden.

cf: Besprechungsraum 1

Leo war immer noch wütend auf Marc, Jogi, den DFB und vor allem diesen hässlichen Fußboden! Und jetzt konnte er auch noch diese scheiß Karten nicht finden! Vielleicht hatte ein Angestellter sie nach drinnen gebracht... Grummelnd riss er die Tür auf und ging direkt auf den Mülleimer zu. Hier waren sie ja auch nicht! "Scheiße, ey!" Erst jetzt fiel ihm der Arzt auf, der hinter seinem Tisch saß. Oh... "Oh. Hallo."

Überrascht sah Hans-Dieter auf als jemand in den Raum polterte. Leo.
Der schien ihn erst nicht zu bemerken. Der Psychologe wollte sich schon bemerkbar machen als das überflüssig würde.
"Hallo Leo, setz dich doch", er deutete auf das Sofa. "Du suchst sicher die hier, oder?", er hielt eine der Karten hoch. "Schließ aber doch bitte vorher die Tür." Er selber holte zwei Gläser und eine Flasche Wasser.

"Och nee...", nuschelte er und biss sich auf die Zunge, um die restlichen unhöflichen Sachen herunterzuschlucken. Aber abhauen konnte er sowieso nicht und dann würde er bestimmt festgeschnallt. Wie in der der geschlossenen Abteilung. Das hatte er mal im Fernsehen gesehen! Er schüttelte sich und schlurfte zur Tür, wo er diese laut ins Schloss warf. "Ich will mich aber nicht hinsetzen, ich saß grad schon", grummelte er immer noch angesäuert. Außerdem würde er sowieso nicht lange bleiben, das hatte er sich fest vorgenommen. "Ja, ich wollte die Karten nur abholen und wegschmei- ähh... uhm... einfach holen."

"Gut, stellen wir uns hier an die Theke, oder wie man es nennen will", Hans-Dieter stand auf, stellte die Stühle bei Seite und lehnte sich an den Tisch, der auf der Höhe eines Stehtisches war.
"War die Besprechung nicht gut? Du wirkst nicht besonders gut gelaunt", fragte er erst mal.

"Theke? Das ist kein Witz, verdammt!", fauchte er und würde sich am Liebsten rein aus Protest hinsetzen, aber der gemeine Arzt hatte ja seinen Stuhl geklaut. Bockig verschränkte er die Arme vor der Brust. "Ach, wirke ich nicht? Ter Stegen fand, jeder sollte soooo toll gelaunt sein!" Aber da seine Laune schon vorher schlecht gewesen war, verdiente Marc so viel Aufmerksamkeit nicht. "Dafür hab ich ihn vom Stuhl geschubst, also ist das wieder vergessen. Aber Manu ist krank, also darf der Olle ins Tor und freut sich nicht mal! Ich würde mich so über eine Aufstellung freuen, aber ich komme nie an sowas! Die anderen Spieler sind einfach zu gut!" Er trat unruhig von einem Fuß auf den Anderen und seuzfte. "Können wir uns bitte hinsetzen?", murmelte er ergeben, auch wenn es ihm nicht passte, dass der Doc jetzt doch wieder seinen ursprünglichen Willen bekam.

Hans-Dieter deutete ruhig auf das Sofa. Ihm war das gleich wo sie saßen.
"Okay, mit Marc läuft es also immer noch wie vorher. Aber bist du nur wegen ihm so sauer und aggressiv oder ist da noch mehr vorgefallen?"

Leo machte es gerade nur noch wütender, dass Didi so ruhig blieb. Da kam er sich so unreif und wild vor! Vor sich hin grummelnd stapfte er auf das Sofa zu und ließ sich darauf fallen.
"Der Sack verfolgt mich einfach! Ich meine, was will der noch von mir?! Hockt sich neben mich, meckert mich an, weil ich schlecht drauf bin, nennt mich doof, und kommt mir dann noch hinterher, wenn ich mich extra von ihm wegsetze!", klagte er ihm sein Leid. "Außerdem hab ich mich beim Training gut mit Jule verstanden und wir haben rumgealbert, da hat er uns auch dumm angemeckert. Und spielen werde ich auch nicht, also frage ich mich, wieso ich mir hier überhaupt den Stress mache und nicht einfach wieder nach Hause fliege."

SMS von Mo

Ich darf die nächsten 2 Wochen nicht mehr spielen
Kannst du bitte mal zu den Hängematten kommen?

Mo

Leo zuckte zusammen, als sein Handy klingelte und ignorierte seine gute Erziehung, sondern zog es aus der Hosentasche. Immerhin könnte ja auch etwas mit Manuel sein, zu dem er MüWo immer noch nicht geschickt hatte. Und wirklich interessiert hatte es keinen der Trainer oder Gehilfinnen, dass ihr Stammtorwart krank im Bett lag.
Er schluckte, als er stattdessen Mos Nachricht sah und antwortete ihm schnell.

"Leo, ich glaube, es gibt da eine Sache, die du immer noch nicht verstanden hast. Eine Weltmeisterschaft gewinnen nicht die elf Spieler, die auf dem Feld stehen. Eine Weltmeisterschaft gewinnen die Spieler, die im Kader stehen, die Trainer, die Physiotherapeuten, die Ärzte, die Manager... alle, die damit zu tun haben. Es geht darum gemeinsam zusammen zu stehen und sich zu unterstützen, damit der Traum wahr wird. Einige spielen mehr als andere, aber darauf kommt es nicht unbedingt an. Du bist Teil des großen Teams, das um den Titel kämpft. Ja, ich weiß, du wirst jetzt vielleicht damit argumentieren, dass es keinen richtigen Teamgeist gibt... es geht hier einiges drunter und rüber. So eine WM habe ich noch nie erlebt, aber es kommt darauf an sich trotzdem am Riemen zu reißen und das Beste zu geben. Auf dem Feld muss es stimmen und hinter den Kulissen muss man sich zusammenraufen. Da muss das ganze Team zeigen, dass sie ein Team sind, ob mit großen Teamgeist oder nicht."
Er machte eine kurze Pause. "Was Marc betrifft, so werde ich noch mal mit ihm reden."

Leo senkte den Blick, als der Doc mit ihm wie mit einem kleinen Schuljungen sprach. "Und WAS tue ich bitte für den Teamgeist? Mein bester Freund kann 2 Wochen nicht spielen und ich weiß nicht mal, wieso... Die Älteren sind alle genervt von mir und Manu liegt krank in meinem Bett und ich habe es noch nicht einmal auf die Reihe gekriegt, MüWo zu ihm zu schicken!" Er sah Didi zweifelnd an und schüttelte den Kopf. "Nein! Ich will nicht, dass Marc noch mal gegen seinen Willen hierher muss. Das macht alles nur noch schlimmer...", erklärte er ihm bestimmt. "Ich will ja irgendwas machen und helfen, aber ich kann einfach nichts."

"Ich werde Marc hier nicht herzwingen. Ich kann genauso mit ihm woanders reden. Aber er ist schon einige Male negativ aufgefallen, deswegen habe ich eh mehrere Gründe mit ihm zu reden", erklärte Hans-Dieter ihm.
"Gut, Leo, dann geh erst zu MüWo, damit der zu Manu geht und dann schaust du nach deinem besten Freund. Das sind alles Dinge, die du in den nächsten fünf Minuten erledigen kannst. Wenn du dich dann besser fühlst, mach es. Geh zu ihnen. Du kannst später immer noch wiederkommen." Gerade würde es eh schwer werden mit ihm über seine Karten zu sprechen.
"Du kannst ganz viel bewirken, Leo, du musst es nur erkennen."

"Aber wenn Sie zu Marc gehen, kann der sich auch denken, dass ich wieder dran Schuld bin!" Er kaute nachdenklich auf der Unterlippe herum und seufzte. "Ich weiß nicht... Ich bewirke dann also, dass ein Kumpel einen Arzt bekommt und mein bester Freund mir erzählen kann, wieso er 2 Wochen ausfällt. Toll." Er schüttelte den Kopf und stand auf. "Ist doch sowieso egal, ich bin ne Lachnummer, geh ich halt."

"Du bist gerade eine Lachnummer, weil du dich dazu machst, Leo", Hans-Dieter stand ebenfalls auf und reichte ihm die Karten. "Füll die zu Ende aus. Dir wird schon was einfallen und sonst frag Manu oder deinen besten Freund. Manchmal können andere uns besser beurteilen als wir uns selber."

"Ich... WAS?!" Und der war Psychologe?! Wütend riss er ihm die Karten aus der Hand und schob sie sich zerknüllt in die Hosentasche. "Glauben Sie nicht, dass ich noch mal her komme! Sie können mich echt mal!", fauchte er aufgebracht und unterdrückte einige nicht jugendfreie Flüche. Er schüttelte traurig den Kopf und stapfte aus Didis Büro. Die Tür knallte er wütend hinter sich zu, bevor er planlos vor seinem Büro stehen blieb. Er hatte keine Ahnung, ob MüWo jetzt überhaupt in seinem Büro war. Oder ob Moritz immer noch draußen war.

Hans-Dieter seufzte und folgte ihm direkt. Leo stand noch vor der Tür.
"Leo, du hast mich falsch verstanden. Du bist keine Lachnummer. Du bist wenn dann eine, weil du dich so nennst, aber zu Unrecht. Diesen Titel brauchst du dir nicht geben. Komm noch mal rein, ich will dir noch was sagen", bat Hans-Dieter ihn. Er musste wirklich aufpassen, wie er sich beim ausdrückte.

Leo wischte sich hastig die Tränen von der Wange, damit der Typ nicht schon wieder sah, wie er weinte. "Zu Unrecht?", wiederholte er wenig überzeugt die Worte des Arztes. Eigentlich hatte er keine Lust, schon wieder vor dem Arzt zu sitzen, aber irgendwann würde er ihn sowieso erwischen. Seufzend schlurfte er wieder nach innen und ließ sich auf das Sofa fallen. "Was denn noch?"

Hans-Dieter schloss in Ruhe dir Tür und setzte sich wieder in sen Sessel. "Warum glaubst du nicht an dich? Was ist in deiner Vergangenheit vorgefallen, dass du von dir so schlecht denkst?", fragte er direkt.
"Du hast da überhaupt keinen Grund zu. Du bist ein toller Fußballer, hast einen super Charakter und bist für deine Freunde da. Das hat man selten. Viele würden hier sitzen und nur über sich reden, aber du denkst an Manuel und deinen besten Freund. Das ist eine tolle Eigenschaft von dir."

"Weil... weil ich hier einfach noch nichts erreicht habe. Ich trainiere, das ist das Einzige, das ich hier mache. Ich krieg nichts auf die Reihe. Und dann gerate ich dauernd mit den anderen aneinander. Ich war am Anfang der WM so motiviert und gut drauf, aber ich bin überall angeeckt!" Er seufzte mutlos. "Ja... aber das ist auch das Einzige. Trotzdem hab ich Manuel so lange alleine gelassen."

"Allein die Tatsache, dass du hier bist, ist etwas ganz tolles. Du bist so jung und du hast noch so viel vor dir. Nutze die Zeit, um zu wachsen. Bei der nächsten WM, oder auch der EM, spielst du vielleicht schon eine größere Rolle. Deutschland braucht junge Spieler und es ist gut, wenn du jetzt schon an das Team herangeführt wirst. So kannst du irgendwann eine ganz große Rolle im Team spielen", erläuterte Hans-Dieter ihm die Tatsache, die ja ganz offensichtlich auf der Hand lag.
"Es ist auch nicht schlimm mit anderen aneinander zu geraten, du musst nur daraus lernen. Sich vertragen und an sich selber arbeiten. Es ist aber auch nicht schlimm, wenn du deine Freunde mal alleine lässt. Du bist nicht da, um sich für sie aufzuopfern. Jeder braucht mal einen Freund und man sollte für sie da sein, aber nicht, wenn man sich selber dafür vernachlässigen muss."