Hotelzimmer von Toni und Mario Gomez

"Danke." Lächelnd hatte er Emilia hinterher gesehen. Es war ihm wichtig gewesen zu wissen, dass er sie jederzeit erreichen konnte. Sie hatten schon immer zusammen gehalten, aber nach der Szene am Strand war das nicht selbstverständlich. Er konnte ihre Reaktion ja verstehen, er war auch nicht glücklich, wie es gelaufen war.
Ein leises Geräusch ließ ihn aufblicken und er sah überrascht zu Mario, der auf einmal im Raum stand. Das war nun wirklich leise gewesen, Toni hatte ihn kaum gehört.
"Hey", lächelte er ihn leicht gequält an. Eigentlich wollte er ihm nicht beichten müssen, dass er wohl jetzt ein wenig auf seine Hilfe angewiesen war und vor allem wollte er nicht erzählen müssen, warum es dazu gekommen war. Allerdings sollte er sich vielleicht auch seine Zähne putzen oder ähnliches und das ging ohne die Krücken nicht, die mittlerweile neben seinem Bett lehnten, weil der Doc sie vorbei gebracht hatte. Es grenzte schon fast an ein Wunder, dass Mario die übersehen hatte.

Mario schloss die Tür hinter sich. Bei Tonis Gesichtsausdruck hatte er kurzzeitig Angst, dass sein kühnster Albtraum wahr geworden war. Aber dann entdeckte er die Krücken, die am Bett lehnten. Mit zwei großen Schritten war schließlich bei Toni und setzte sich auf die Bettkante. "Was ist passiert?", fragte Mario besorgt nach.
Den ganzen Tag über war er unterwegs gewesen. Er hätte doch wenigstens kurz mal nach Toni schauen können. Nein, stattdessen hatte er lieber mit Ella gefickt. Schöne Scheiße.

Mario schien die Krücken dann doch bemerkt zu haben und Toni atmete einen Moment tief durch, bevor er antwortete. Er musste jetzt wirklich sehr genau darüber nachdenken, was er sagte und was nicht.
"Ich hab mich ein bisschen überanstrengt und das hat mein Oberschenkel nicht so gut aufgenommen", gestand er beschämt. Es war ihm lieber, dass Mario ihn für einen kleinen Idioten hielt, als dass er die Wahrheit erfuhr. Außerdem tat er das vermutlich sowieso, da konnte Toni nicht mehr viel zerstören. Solange er nichts von seinem Ausrutscher mit Marco erfuhr und dann auch Mario ihn noch dafür verurteilte, war ihm fast alles recht.

"Ein bisschen überanstrengt?", hakte Mario skeptisch nach. Da musste mehr dahinter stecken. Toni war nicht der Typ, der leichtfertig eine Verletzung in Kauf nahm, sie beziehungsweise noch verschlimmerte.
Hoffentlich hatte es nichts mit Ella und ihm zu tun. Aber wieso sollte Toni dann auch so hektisch reagieren, dass sein Oberschenkel vollends dicht machte? Das war doch hirnrissig. Mario kam sich langsam wirklich paranoid vor.

Wieso wunderte es Toni eigentlich nicht, dass Mario es nicht dabei beließ? Sagen wollte er es ihm trotzdem nicht und so starrte er nur mit rotem Kopf auf die Decke vor sich, fuhr mit seinen Fingern vorsichtig das hässliche Muster nach.
"Ja", bestätigte er flüsternd und blickte Mario nicht an. Er wollte seinen Gesichtsausdruck nicht sehen müssen, denn er konnte sich schon vorstellen, dass Mario das nicht gut finden würde, dass Toni ihm nicht antwortete. Aber das wollte er auch einfach nicht, er wollte sich nicht selber so vor ihm bloßstellen.

So, wie Toni sich verhielt, tat Mario sich nur noch schwerer, ihm diese Story abzukaufen.
In dem Gespräch, als Toni ihm gebeichtet hatte, dass er in Thomas verliebt war, hatte Mario ihm auch alles aus der Nase ziehen müssen. So würde das vermutlich auch jetzt wieder laufen.
Mario legte Toni eine Hand aufs Knie. Vielleicht half es ja, damit er ihn wieder ansah. "Und weswegen hast du dich überanstrengt?"

Mario ließ echt nicht locker und das war Toni jetzt doch ein bisschen unangenehm. Er fühlte sich einfach bedrängt und er war auch nicht gewillt, jetzt seine ganze Gefühlswelt offen zu legen.
Seufzend lehnte er sich noch mehr ins Kissen zurück und schloss die Augen. Vielleicht konnte er ihm leichter antworten, wenn er ihm dabei nicht ins Gesicht sehen musste.
"Emilia und ich hatten eine kleine Auseinandersetzung", murmelte er leise und unangenehm berührt. Es war ihm peinlich, wegen einer solchen Kleinigkeit so überreagiert zu haben.

Seufzend fuhr sich Mario durchs Haar, das er nur wenige Minuten zuvor mühevoll geordnet hatte.
Natürlich merkte er, dass Toni nicht wirklich mit ihm darüber reden wollte, dass es ihm einfach unangenehm war. Aber Mario wollte ihm doch nur helfen, sofern das irgendwie möglich war.
Emilia war beteiligt? Hastig zog Mario seine Hand wieder zurück. Vielleicht wollte er doch lieber gar nicht wissen, worum es genau gegangen war.
Stattdessen stand er auf und ging mit den Worten "Ich bin im Bad" ins Zimmer nebenan.

Jetzt überraschte ihn Marios Reaktion. Sollte er wirklich ebenfalls nachhaken, warum der Stürmer so überstürzt abhaute?
Seufzend griff er nach seinem Wasserglas und trank einen weiteren Schluck, nachdem er seinen Oberkörper aufgerichtet hatte. Er musste sich noch umziehen und Zähne putzen und dabei brauchte er entweder Marios Hilfe oder sein Kumpel musste das Bad freigeben. Aus Erfahrung wusste Toni jedoch, dass das länger dauern konnte, wenn Mario einmal vor einem Spiegel festklebte. Dazu kam auch noch die panische Flucht, also musste er sich wohl noch ein wenig gedulden. Seufzend griff er sich den anderen Gegenstand auf seinem Nachttisch, das Handy, und tippte eine SMS an Jessi, in der er sich sowohl nach ihr als auch nach Simon erkundigte. Von der erneuten Verletzung erzählte er nichts, das würde nur gefährliche Fragen aufwerfen.

Mario ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Er stützte sich aufs Waschbecken und sah in den Spiegel. Seine Haare hingen ihm ins Gesicht. Na wunderbar.
Er verhielt sich doch wie der letzte Volltrottel. Das war ihm durchaus bewusst. Seufzend brachte er noch mehr Unordnung in seine Frisur. Die ganze Sache war doch ohnehin sinnlos. Warum machte er sich da also überhaupt noch Gedanken drüber?
Mario spritzte sich noch etwas kaltes Wasser ins Gesicht, bevor er sich wieder aus dem Bad traute.
Er bemühte sich um einen neutralen Gesichtsausdruck, als er wieder ins Zimmer kam. Toni war durch sein Handy abgelenkt. Deswegen schälte er sich aus seinen Klamotten, um danach unter die Bettdecke zu kriechen.

Nach einer Weile war Mario wieder im Raum und dachte wohl gar nicht daran, Toni irgendeine Hilfe anzubieten. Großartig, mit Krücken konnte er sich bestimmt gut seine Klamotten zusammen suchen. Aber erst einmal musste er so oder so ins Badezimmer und mühselig quälte er sich hoch. Mit den Krücken humpelte er langsam ins Badezimmer und putzte sich die Zähne. Nachdem er mit allem fertig war, griff er sich wieder die Krücken und lief zurück ins Zimmer. In seiner noch teilweise sandigen Hose wollte er echt nicht schlafen, es war schon ekelhaft genug, dass er damit so lange auf dem Bett gelegen hatte und jetzt überall Sandkörner unter seiner Bettdecke lagen. Hilflos sah er zwischen seinem Schrank und dem Bett hin und her. Jeder Schritt schmerzte und er wusste nicht, wie er das jetzt am geschicktesten anstellen sollte.

Mario war wirklich froh, dass Toni ihn nicht ausquetschte, was los war. Aber in dem Punkt waren sie wohl ziemlich unterschiedlich.
Toni würde sich nie jemandem aufdrängen.
Es sollte Mario also nicht wundern, warum der Jüngere ihn nicht um Hilfe bat. Toni hatte schon vergleichsweise lange im Bad gebraucht und seinem Blick zufolge würde sein weiteres Vorhaben auch wohl ziemlich schmerzhaft werden.
Das schlechte Gewissen machte sich in Mario breit. Er war nicht nur ein Vollidiot sondern auch noch ein mieser Freund.
Deswegen schlug er die Bettdecke zur Seite, um es vielleicht doch noch wieder gut zu machen.
"Ich helf dir", ging Mario zum Schrank. "Was willst du denn haben?"

Toni hatte sich gerade dazu entschlossen, einfach nur in Boxershorts zu schlafen, als Mario ihm doch nochmal helfen wollte.
Er wunderte sich ein wenig über sich selbst, dass ihm einige sarkastische Erwiderungen auf der Zunge lagen, die er aber nicht aussprach. So durcheinander war er dann doch nicht, dass er anderen Leuten absichtlich weh tat, wenn auch nur mit Worten.
"Die Jogginghose in grau, eine frische Boxershorts und das rote T-Shirt bitte", zählte er Mario seine Wünsche auf und humpelte weiter zu seinem Bett, wo er das Dilemma direkt zu sehen bekam. Überall Sand, da konnte er sich die neuen Klamotten ja schon beinahe schenken.
"Und kannst du nochmal meine Bettdecke ausschütteln und den Sand vom Laken machen?", fragte er beschämt nach. War ja auch ziemlich peinlich, was er da wieder veranstaltet hatte.

Mario zog gewünschtes aus dem Schrank. Aber er legte die Sachen erst mal auf seine Betthälfte.
Tonis nächste Bitte war ihm dann doch etwas unangenehm. Da kam wieder Tonis typische Ader in ihm durch.
"Ist kein Problem", winkte Mario ab und ging einmal um das Bett herum.
Er zog die Bettdecke von der Matratze und schüttelte sie aus.
Wie Toni den ganzen Sand ins Bett gebracht hatte, fragte er besser nicht.
Mario faltete die Bettdecke in der Mitte und schmiss sie dann ebenfalls auf seine Hälfte, bevor er das Laken bestmöglich von den letzten Sandkörnern befreite.
"Ich glaub, jetzt solltest du einigermaßen gut schlafen können", lächelte Mario Toni kurz an und schob seine Decke wieder rüber, legte Jogginghose und Co. obendrauf.

Toni sah verlegen zu, wie Mario alles für ihn erledigte. Es passte ihm gar nicht, dass er ihm eine zusätzliche Belastung war. Er wollte kein Klotz am Bein sein, dafür ging er den anderen schon zu sehr mit seiner Anwesenheit auf die Nerven. Jetzt musste er auch noch bemuttert wurden, was ihn doppelt anstrengend machte.
Mario behauptete zwar, dass es nicht schlimm wäre und Toni glaubte ihm das auch, aber Mario würde schon noch irgendwann von ihm genervt sein.
"Danke", hauchte er tonlos und zog sich dann umständlich seine bisherigen Klamotten vom Körper. Dann krabbelte er langsam aufs Bett, um sich einen Moment ausruhen zu können und sich danach ans Wiederanziehen zu machen.
Gefühlte Jahre später lag Toni in Schlafsachen in seinem Bett und fast sofort fielen ihm die Augen zu. Der Tag hatte ihn extrem geschafft. Nicht mal mehr eine gute Nacht wünschte er Mario.

Mario ging wieder zur seiner eigenen Betthälfte und schob sich unter die Decke.
Zwanghaft versuchte Mario Toni nicht beim Umziehen zuzusehen.
Allerdings machte der Jüngere selbst ihm da einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Das Umziehen schien ihn ziemlich anzustrengen, sodass Toni sich kurz völlig nackt, komplett ohne Kleidung, auf dem Bett ausruhte.
Da konnte Mario nicht anders. Und das war wahrscheinlich auch sein Fehler. Jetzt bekam er hier auf dem Präsentierteller serviert, was er niemals haben konnte.
Zum Glück registrierte der Jüngere seine Blicke nicht. Stattdessen zog er sich Gott sei Dank wieder an. Keine Minute später konnte Mario schon die regelmäßigen Atemzüge von Toni ausmachen.
Seufzend drehte er sich auf die Seite, um Toni nicht mehr anzusehen, und schloss die Augen.
Bei ihm dauerte es natürlich bedeutend länger, bis er eingeschlafen war.

Am nächsten Morgen schliefen sie ziemlich lang und niemand regte sich, als Toni langsam anfing zu blinzeln. Das nahm er als Erlaubnis, sich nochmal umzudrehen und wieder einzuschlafen. Er musste und konnte ja sowieso nirgendwo hin, da konnte er solange hier liegen bleiben, wie er lustig war. Selbst das Essen musste man ihm in sein Zimmer bringen, bis in den Speisesaal würde er es nicht schaffen und das sollte er laut ärztlicher Anweisung auch nicht. Nachdem er die Verletzung jetzt schon so verschlimmert hatte, wollte er nicht noch mehr Risiko eingehen, sondern sich auch brav an die Vorschriften halten.
Mario rührte sich auch nicht und so blieb Toni ruhig im Bett liegen, ließ den gestrigen Tag vor seinem inneren Auge noch einmal abziehen. Es war nicht sein bester gewesen.

Mario schlief unnatürlich lang. Aber er war gerade einfach nicht gewillt aufzustehen. Sein Bett hatte da sicher auch nichts gegen, da war er sich sicher.
Stattdessen drehte er sich seufzend auf die andere Seite und vergrub sein Gesicht im Kissen.
Allerdings war er jetzt doch irgendwie wach. Da konnte er solange liegen bleiben, wie er wollte. Schlafen konnte er nicht mehr. Nach kurzem Zögern schlug Mario letztlich doch die Augen auf.
Toni schien auch schon wach zu sein. "Morgen", murmelte er in seine Richtung.

Gedanklich noch mit der Szene am Strand beschäftigt, wurde Toni irgendwann von der Seite angesprochen.
"Guten Morgen", antwortete er leise und drehte sich dann vorsichtig um, um Mario einen Blick zuwerfen zu können. So ungestylt sah sein Kumpel echt tausend mal besser aus, wie Toni zum wiederholten Mal feststellte.
"Du solltest das Gel weglassen", merkte er an und betrachtete Mario noch einen Moment forschend. Das sah um Längen besser aus, wenn die Haare nicht so vor Gel trieften. Vermutlich würde er auf taube Ohren stoßen, aber er verstand ihn in der Beziehung auch einfach nicht. Wie konnte man freiwillig so viel Zeit in sein Aussehen investieren?

Wie konnte Toni schon so früh am Morgen so unsinniges Zeug von sich geben? So früh war es zwar nicht mehr, aber das war ja auch Nebensache. Schließlich hatte Toni gerade seine Frisur beleidigt und Mario in gewisser Weise auch.
Deswegen beschloss er, einfach nicht drauf einzugehen. Bevor es in einer Szenerie wie gestern Abend endete, hielt er sich lieber zurück.
"Wie geht's deinem Bein?", wechselte Mario schließlich einfach das Thema.

Mario antwortete gar nichts und Toni beschloss, das als Bestätigung dafür zu sehen, dass Mario natürlich nicht auf ihn hören würde. Warum auch, er hatte ja nur Recht...
Der Themenwechsel war wenig subtil und Toni seufzte einen Moment leise vor sich hin. So im Liegen ging es seinem Bein eigentlich gut, aber das war auch schon gestern Abend so gewesen.
"Keine Ahnung", murmelte er und bewegte probeweise sein Bein ein Stück, zuckte dann zusammen. Doch, das schmerzte noch ziemlich.

Toni verzog schmerzhaft das Gesicht, als er kurz sein Bein bewegte.
"Bleib liegen", bat Mario und sprang hastig auf. Keine Ahnung, wieso.
"Brauchst du irgendwas?" Wieder machte sich das schlechte Gewissen in ihm breit. War schließlich auch seine Schuld, dass Toni Schmerzen hatte. Was hatte er auch so doof gefragt?

Mario stand keinen Moment später im Raum und Toni blickte ihn leicht erstaunt an. Damit hatte er jetzt nicht gerechnet, dass der Stürmer so hektisch reagieren würde.
Die Frage brachte ihn einen Moment zum Nachdenken. Gegen die Schmerzen brauchte er nichts, da musste er einfach nur mit der sinnlosen Bewegung aufhören, aber ihm fiel da etwas anderes ein, was sie vermutlich beide gebrauchen konnten.
"Frühstück", lächelte er Mario an und sah ihn möglichst bittend an. Es wäre schon eine ziemlich nette Sache, Frühstück ans Bett gebracht zu bekommen, auch wenn es anders gerade kaum ging.

SMS an Toni:

"Hey Krooser, na wie gehts dir heute so? Ich hoffe besser als gestern Abend. Hab dich lieb "

Mario hatte eigentlich an einen Kühlakku oder Schmerztabletten gedacht. Frühstück hatte jetzt eher nicht auf seiner Liste gestanden.
Aber auch das würde Mario tun. Da brauchte Toni nicht mal seinen Dackelblick aufsetzen.
Deswegen zog sich Mario schnell eine Jogginghose über und ließ seine Schlüsselkarte in der Tasche verschwinden.
"Möchtest du irgendwas besonderes haben?"
Es war zwar schon zu spät für Frühstück, aber vielleicht hatte er ja Glück und bekam noch was. Und selbst wenn nicht, dann würde er eben etwas aus der Küche holen.