Hotelzimmer von André Schürrle und Max Meyer

Sein ungutes Gefühl wurde mit der nächsten SMS bestätigt.

Ich bin bei Schü, soll ich irgendwo hinkommen?

Eigentlich freute er sich Jojo wieder zu sehen, aber er hatte Angst. Die Nachrichten klangen leider beide nicht so, als wäre alles in Ordnung.

"Würde es dir was ausmachen, wenn du mich kurz alleine lässt?" Fragte Lewis seinen Kumpel zögerlich. Immerhin war das hier ja nicht mal sein Zimmer, aber auf seinem eigenen war Marco.
Er schrieb Jojo schon mal wo er war, auch wenn ihm bei der ganzen Sache gar nicht wohl war.

Ich bin auf Schüs Zimmer, dass ist direkt links neben meinem.

"Oh.", fing André an, der die Nachrichten mitlas. Jo kannte er ja nicht wirklich. Aber das war jetzt wohl Lewis´s Freundin.
"Ist e-es denn o-okay, wenn ich das j-jetzt mithöre?" Vielleicht sollte Lewis sie erst mal fragen. Nicht, dass es etwas Wichtiges war, dass nicht für seine Ohren bestimmt war. André hoffte mal, dass sich das Ganze "schlimmer" anhörte, als es war.

"Ich hab um ehrlich zu sein keine Ahnung, was sie besprechen will, aber in meinem Zimmer ist Marco," erklärte Lewis. Und zur Not konnten sie ja immer noch zu Jojo ins Hotel gehen, wenn sie es nicht vor Schü besprechen wollte.
Unruhig rutschte Lewis auf dem Bett hin und her, "ich hab Angst" gestand er leise seinem besten Freund.

cf: Lobby

Nervös und mit schwitzigen Händen stand Jojo vor der angegebenen Zimmertür. Sie hatte wirklich Angst. Angst, dass sie Lewis jetzt verlieren würde. Vermutlich würde sie das. Sie hatte einfach so große Scheiße gebaut und es war unverzeihlich.
Sie atmete tief durch, klopfte laut gegen die Tür.

Lewis zuckte leicht zusammen, als es klopfte. Das musste Jojo sein.
Zögerlich stand er auf. Lewis wusste nicht, wie er sich ihr gegenüber Verhalten sollte. Aber am meisten hatte er Angst.
Langsam öffnete er die Türe, unsicher lächelte er Jojo an: "Hey."
Wie gerne hätte er sie geküsst oder einfach nur in den Arm genommen, aber er war zu feige dazu. Obwohl feige es nicht richtig beschrieb, eigentlich eher weil er Angst hatte. Angst hatte, die Worte vielleicht doch richtig gedeutet zu haben.

"D-das wird schon." André hatte seinen Arm um den Rücken seines Freundes gelegt. Danach klingelte es aber und Lewis musste schon wieder aufstehen. Er selbst blieb lieber auf dem Bett sitzen. Das Mädchen würde schon sagen, wenn sie mit Lewis alleine sein wollte.

"Hi", begrüßte sie Lewis schüchtern und trat in den Raum. Ihn jetzt zu sehen und zu wissen, was sie ihm angetan hatte... Ihr schlechtes Gewissen drohte sie zu verschlingen. Was sie getan hatte, war wirklich unverzeihlich. Sie hoffte nur, dass Lewis sie nicht hassen würde.
Als sie unschlüssig im Raum stand, fiel ihr Blick auf Schürrle, der auf dem Bett saß. Sie wollte nicht unhöflich sein, aber das Gespräch wollte sie ohne Zuschauer führen.
"Ich dachte, wir reden allein?"

Lewis hatte sich das schon fast gedacht.
"Ähm könntest du vielleicht ähm kurz rausgehen?" fragte er Schü zögerlich und fuhr sich verlegen durch die Haare. Ein bisschen komisch war es schon, da es ja eigentlich Andrés Zimmer war, aber sein bester Freund würde das sicherlich verstehen.

André:
"O-Okay?" Es schien wohl etwas wirklich ernstes zu sein. Also würde André folge leisten. Lewis würde ihm später sicherlich sagen, was es genau war. Sie hatten ja eigentlich keine Geheimnisse voreinander. Er stand auf und ging aus dem Raum. Dann würde er eben vor dem Zimmer auf Lewis warten.

Jojo atmete tief durch, als André aus dem Zimmer gegangen war. Jetzt war sie allein mit Lewis und hatte keine Ausrede mehr, ihre Beiche weiter hinauszuzögern.
"Lewis, ich...", begann sie zögerlich, wusste aber nicht, was sie weiter sagen sollte. Wie sie es ihm sagen sollte. Er sollte zumindest verstehen, dass es nichts bedeutet hatte.
"Es tut mir so verdammt leid", hauchte sie, sah ihn entschuldigend an. "Ich bin das größte Miststück, das es überhaupt gibt."

Lewis war unfähig etwas zu antworten. Was auch immer sie getan hatte, es würde ihm absolut nicht gefallen, dass wusste er.
Kopfschüttelnd ließ er sich auf das Bett nieder, fuhr sich erneut durch die kurzen blonden Haaren. Das tat er immer wenn er nervös war.
Erwartungsvoll blickte er sie an, direkt in ihre braunen Augen. Sie sollte weitersprechen, auch wenn Lewis es überhaupt nicht hören wollte. Zumindest nicht das, was er ahnte.

Jojo atmete tief durch, bevor sie weitersprach. Vermutlich ahnte Lewis schon, worauf das hier hinauslief. Sie merkte, wie weh es ihm schon jetzt tat, obwohl er noch nicht einmal genau wusste, was passiert war. Aber sie war ihm diese Antwort schuldig.
"Ich... Ich hab... mit Marco geschlafen", gestand sie, sah ängstlich auf den Boden. Sie wollte gar nicht wissen, wie Lewis darauf reagierte. Sie wusste nur, dass sie noch nie etwas so sehr bereut hatte wie die Sache mit Marco.

Lewis schluckte schwer, hätte er es nicht geahnt, dann wären ihm wahrscheinlich sämtliche Gesichtszüge entglitten, aber so ist es die bitterliche Traurigkeit die ihn überkommt. Marco, ausgerechnet sein Ex-Schalker-Teamkollege, oder meinte sie Reus? Eigentlich war es ihm auch egal mit wem sie ihn betrogen hatte, sie hatte es getan, sein Vertrauen missbraucht. Sie hatte mit ihm gefickt, obwohl sie zusammen waren.
Es tat so verdammt weh, er liebte Jojo.
Erst spielte Emma mit ihm, dann starb sein Vater und jetzt, jetzt hatte ihn selbst seine Freundin, der er vertraut hatte, die zu ihm stand, als es ihm richtig scheiße ging, betrogen.
Er konnte die Tränen nicht zurückhalten, für Lewis war es im Moment einfach alles zuviel. "Warum?" schluchzte er. Wahrscheinlich hätte er im Moment alles sagen können, sie anschreien, ihr Vorwürfe machen, aber es war ausgerechnet diese eine Frage, die ihm über die Lippen kam.
Allerdings konnte er ihr dabei nicht mehr in die Augen schauen.
Aber dann interessierte es ihn doch. Er wollte wissen, wer seine schmutzigen Hände an Jojo vergriffen hatte, weswegen er ein kaum hörbares "Reus oder Höger?" zischte.

Als sie Lewis schluchzen hörte, sah sie doch auf, sah die Tränen, die in seinen Augen glitzerten. Noch nie hatte sie sich so schäbig gefühlt. Warum hatte sie das nur getan? Warum hatte sie das mit Lewis aufs Spiel gesetzt? Und wofür? Für Marco. Marco, der doch eh nur ans Ficken gedacht hatte. Es war nur ein dummer One Night Stand gewesen, der ihnen beiden nichts bedeutet hatte. Wenn sie etwas daraus gelernt hatte, dann genau das. Marco bedeutete ihr nichts. Hatte er vielleicht mal. Damals, als sie 17 gewesen war und zu dem Fußballer aufgesehen hatte, der sich für sie interessiert hatte. Heute wusste sie es wohl besser. Das war nie so etwas wie Liebe gewesen. Bei Weitem nicht. Es war Bewunderung gewesen. Vielleicht ähnlich der Teenagermädchen, die Justin Bieber anhimmelten. Keine echte Liebe, aber etwas, das sich für den Moment so anfühlte.
"Höger", erklärte sie leise, schuldbewusst. Sie würde es so gerne rückgängig machen. Mittlerweile liefen auch ihr Tränen über die Wangen und sie schluchzte leise. "Ich weiß nicht, warum ich es gemacht hab. Es war nur... Nachdem er geoutet war, war er irgendwie bei mir und... Wir hatten ja schonmal was miteinander und irgendwie ist das wieder hochgekommen und... keine Ahnung... Da ist es eben passiert."
Das war vermutlich die bescheuertste Erklärung überhaupt, die sie hier ablieferte und sie wusste nicht, ob es wirklich schlüssig war, was sie erzählte. Sie wollte nur, dass Lewis es vielleicht irgendwie verstand.
"Aber es hat mir nichts bedeutet! Ich liebe ihn ja gar nicht. Ich lieb doch... dich..."
Eigentlich sagte sie so etwas nicht so schnell und sie war auch nicht der Typ für Liebeserklärung. Aber Lewis war ihr so wichtig und sie wollte um ihn kämpfen. Das konnte sie nur, wenn sie alle Karten auf den Tisch legte.

Höger also. Sie waren auf Schalke Freunde gewesen, es war sein Kumpel, sie hatten so viel miteinander unternommen und jetzt legte er seine Freundin flach. Toller Freund.
Auch wenn er wahrscheinlich nichts von ihm und Jojo gewusst hatte, machte es die ganze Sache nicht besser.
Sie hatte ihn betrogen und kam jetzt mit der scheiß "es hat mir nichts bedeutet" Nummer. Was machte Lewis falsch, dass er immer nur von hinten bis vorne verarscht wurde? Mittlerweile hatte sich die Wut so weit angestaut, dass er einfach nicht mehr schaffte sich zurück zuhalten: "Hör doch auf so scheinheilig zu tun. Hat es dir wenigstens Spaß gemacht mhm? Ja den kleinen Lewis kann man ja verarschen, nicht? Emma hat das ja auch schon geschafft, hey wäre doch lustig es wieder zu tun, was? Man Jojo ich hab dir vertraut, blind sogar. Mein Vater ist vor ein paar Wochen gestorben und du wusstest, wie beschissen es mir damit ging. Hast gesehen, wie ich mich Tag für Tag aus dem Bett gequält habe und versucht habe einen auf Alles ist gut zu machen. Und jetzt wo es mir wieder einigermaßen gut geht, verarscht du mich dermaßen. Hast du denn gar kein Herz?" Aus Tränen verschleierten Augen schaute er sie an, abwartend auf ihre Reaktion.

Jojo wusste, dass sie jedes einzelne Wort davon verdient hatte. Jeder Vorwurf war gerechtfertigt. Lewis hatte Recht. Mit allem. Sie hatte einfach riesengroße Scheiße gebaut und sie konnte nicht erwarten, dass er ihr das verzieh. Sie hatte sein Vertrauen missbraucht und mit Füßen getreten. Sie hätte das einfach niemals tun dürfen. Es war so sinnlos gewesen. Für drei Minuten Spaß - waren es überhaupt drei Minuten gewesen? - hatte sie alles zerstört.
"Ich weiß", murmelte sie, wischte sich die Tränen von den Wangen. "Wenn ich es rückgängig machen könnte, würde ich es sofort tun. Ich kann verstehen... wenn du mich jetzt hasst."
Sie würde wirklich alles tun, um es wieder irgendwie gutzumachen. Aber stattdessen hatte sie es nur immer schlimmer gemacht.
"Wenn ich... irgendwas tun kann, damit es dir besser geht..."
Er musste es nur sagen. Sie würde alles versuchen.

"Ich wünschte ich könnte dich hassen, für das was du getan hast. Aber ich kann es nicht."
Still flossen die Tränen über seine Wangen und er hatte sichtlich Mühe diese wegzuwischen.
Es wäre einfacher sie zu hassen, vielleicht würde es sich dann nicht so Leer anfühlen. So bleibt nur der Schmerz, die Trauer, aber vor allem die Enttäuschung.
"Hat es sich denn wenigstens gelohnt?" fragte Lewis kühl, ohne jegliche Farbe in seiner Stimme.

Dass er sie nicht hassen konnte, war hoffentlich ein gutes Zeichen. Vielleicht konnte er es ihr dann doch verzeihen. Irgendwann, wenn er es verarbeitet hatte. Sie gab ihm auch alle Zeit, die er wollte und brauchte. Sie war auch nicht in der Position, irgendwelche Forderungen zu stellen.
"Nein, hat es sich nicht", murmelte sie und schüttelte den Kopf. Gelohnt hatte es sich wirklich nicht. Grad so, dass er noch an ihre Befriedigung gedacht hatte.
"Ich hab es auch sofort bereut. Ich hätt auch nie gedacht, dass ich mal zu so einer Schlampe mutiere."

"Und ich hätte es mir nicht gewünscht," murmelte Lewis, eigentlich mehr zu sich selbst.
Er fragte sich mittlerweile wirklich, was er verbrochen hatte, dass ihn das Leben so bestrafte.
"Ich weiß um ehrlich zu sein nicht was ich sagen soll. Trotz allem was du mir angetan hast, liebe ich dich und ich wünschte es wäre nicht so. Ich kann dir nicht verzeihen, ich versteh auch nicht wieso du das getan hast. Ich versteh allgemein nicht wieso Menschen so etwas tun. Für mich bist du keine Schlampe, für mich bist du die Person, die mich am meisten Verletzt hat."

Da wäre es ihr wirklich lieber, wenn er sie einfach als Schlampe ansah. Aber sie hatte jedes Wort, das er sagte, auch so verdient. Sie hatte ihn enttäuscht. Sehr sogar. Sie hatte ihm das Schlimmste angetan, was sie hätte tun können.
"Ich versteh es auch nicht", murmelte sie. Sie verstand wirklich nicht mehr, warum sie das getan hatte. Es war einfach nur dumm gewesen und der größte Fehler ihres Lebens.
"Und ich kann auch verstehen, wenn du jetzt nichts mehr mit mir zu tun haben willst."

"Ich kann dir im Moment einfach nicht mehr vertrauen," flüsterte Lewis leise. Sollte das jetzt alles zwischen den beiden gewesen sein? Hatte Marco möglicherweiße alles kaputt gemacht?
Er liebte sie, weswegen folgende Worte über seine Lippen kamen: "Gib mir Zeit." Lewis wollte nicht alles wegschmeißen, was zwischen ihnen war. Aber er konnte ihr nicht von der einen auf die andere Sekunde verzeihen. Er wusste nicht mal, ob er ihr überhaupt irgendwann verzeihen konnte.

"So viel du brauchst", flüsterte sie, sah ihn entschuldigend an. Vermutlich gestand er ihr schon mehr zu als sie erwarten konnte. Sie würde ihm Zeit geben. Natürlich würde sie das. Das war sie ihm schuldig.
"Soll ich gehen?", fragte sie unsicher. Sie wusste nicht, was genau er jetzt wollte. Vielleicht brauchte er einfach Zeit und Ruhe, um nachzudenken.

"Ja bitte," flüsterte Lewis leise. Er brauchte jetzt einfach Zeit, doch vor allem brauchte er Schü.
André war immer für ihn da gewesen, damals in Mainz, aber auch danach.
Er war ein wirklich Freund und einer der wenigen Personen, denen Lewis noch vertrauen konnte.