Things'll never be the same

Vorsichtshalber P18 Man weiß ja nie  

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Tief atmete Marc durch, als ihr Trainer die Zimmerverteilung bekannt gab. Moritz. Ausgerechnet. Hätte er nicht lieber irgendeinen anderen seiner Teamkollegen erwischen können? Da wäre ihm ja sogar der Leno lieber und den konnte er absolut nicht ab, seit er einmal... Egal, Marc wollte gar nicht mehr dran denken müssen.
Aber an ein gemeinsames Zimmer mit Moritz wollte er erst recht nicht erinnert werden, also starrte er konzentriert aus dem Fenster und suchte den Himmel nach verschiedenen Vögeln ab. Die Ansprache hörte er gar nicht, das ging gerade eh alles links rein und rechts wieder raus. Er konnte sich auch nicht erinnern, wann da jemals etwas Spannendes verkündet wurde.
Als jedoch eine plötzliche Stille eintrat und Marc nach kurzem Umblicken feststellte, dass ihn alle anguckten, bereute er seinen Entschluss schon wieder.
"Ja...?", riet er einfach mal die richtige Antwort, was eine allgemeine Welle der Erheiterung bei seinen Teamkollegen hervorrief. Besonders Leno schien sich bestens zu amüsieren, dieser...
Er versuchte sich an einem entschuldigenden Blick an seinen Trainer und rutschte dann beleidigt auf seinem Sitz zusammen. Das war ja schon direkt ein guter Anfang.

Im Gegensatz zu Marc hörte Mo dem Trainer brav zu, der sie nochmal ermahnte, dass die nächsten zwei Länderspiele kein Zuckerschlecken werden und sie die nicht auf die leichte Schulter nehmen sollen. Dann wurden nochmal die üblichen Regeln und Tagesabläufe bekannt gegeben. Alles nicht neu, zumindest für die, die schon mal dabei waren, aber Mo war dennoch froh, es nochmal zu hören. So ein kleiner Auffrischungskurs war ab und an schon nicht schlecht.
Zum Schluss betonte der Trainer dann nochmal, dass er gerne ein paar ruhige und stressfreie Tage hätte und nicht, dass sich wieder zwei Keeper die ganze Zeit in den Haaren haben. Dabei sah er besonders ter Stegen an. Der sah allerdings sehr interessiert aus dem Fenster und reagierte im ersten Moment gar nicht. Und als er es dann doch tat, merkte man sofort, dass er nicht zugehört hatte. Die Mannschaft fand das natürlich gleich wieder lustig. Mo dagegen verzog keine Miene, sondern wartete einfach, dass es weiterging.
Er konnte den Blonden so gar nicht einschätzen. Sie hatten bisher ja auch noch nicht wirklich was miteinander zu tun gehabt, abgesehen davon, dass sie eben zusammen in der U21 für Deutschland spielten. Aber das hieß ja noch nicht automatisch, dass sie auch wirklich Kontakt zueinander hatten. Deswegen war er schon gespannt, wie ihre “Wohngemeinschaft“ die nächsten Tage so funktionieren würde.

Wie fremdgesteuert wanderte Marcs Blick zu Moritz und einen Moment starrte er ihn an, bevor er sich wieder zusammen riss. Er sollte sich jetzt echt mal konzentrieren, immerhin wollte er spielen und nicht nur wie in der richtigen Natio auf der Bank sitzen. Die wenigen Spiele, die er da bestritten hatte, hatten aber auch nicht unbedingt zu seinem Seelenfrieden beigetragen, das Eigentor gegen die USA verfolgte ihn noch immer. Ähnlich hartnäckig hielt sich nur der Stuttgarter in seinen Gedanken, auch wenn er ihn zum Glück nicht besonders häufig sah. Noch mehr Situationen wie gerade eben konnte er nun echt nicht brauchen.
Ziemlich schnell löste sich die Versammlung auf und man konnte sich seine Zimmerkarten holen.
Etwas gemächlicher als einige übermotivierte Teamkollegen schlenderte Marc nach vorne und ließ sich seine Karte anreichen, danach sah er sich suchend nach Moritz um. In dem Gewühl konnte er den Kleineren irgendwie gar nicht entdecken, alles, was er entdecken konnte, war Lenos dumme Fresse, weshalb er die Suche schnell wieder aufgab.

Als der Trainer dann die Versammlung auflöste, war Mo einer der ersten, die ihren Schlüssel bekamen. Er hatte ganz vorne gesessen, weswegen sein Weg auch nicht so weit gewesen war. Was auch gut so war. So entkam er dem Gewusel und Durcheinander, was kurz darauf herrschte, weil es keiner erwarten konnte und alle ihre Schlüssel gleichzeitig haben wollten. Dachten die etwa, wenn sie nicht schnell genug sind, bekommen sie kein Zimmer mehr und müssen auf der Straße schlafen, oder wie? Mo konnte darüber nur den Kopf schütteln und machte sich auf den Weg in sein Zimmer. Er wollte endlich raus aus seinen Klamotten und duschen. Doch vorher musste er erst mal diese doofe Zimmertür aufkriegen, die nicht so wollte, wie er. Das blöde Ding wollte einfach nicht aufgehen, egal wie oft er die Karte durchzog. Verdammter Mist!

Marc hatte sich seinen Koffer gegriffen und war dann aus dem Besprechungsraum spaziert. Der dumme Lageplan des Hotels hatte ihn ganz verwirrt und so war er erst einmal in die falsche Richtung gelaufen, bis ihm sein Fehler aufgefallen war. Seufzend über sich selbst und diesen Wirrwarr aus Gängen drehte er sich wieder um und versuchte es dann in der anderen Richtung, wo er tatsächlich erst den Gang mit den richtigen Zimmernummern und auf diesem Gang dann Moritz fand, der vor der Tür stand und sich mit der Karte abmühte.
Na nu, war es die falsche Tür? Laut Marcs Zimmernummer waren sie hier richtig und er betrachtete einen Moment Moritz, der einfach nur süß aussah, wie er so verzweifelte. Okay, langsam wurde es unheimlich, Marc sollte endlich mit diesem hirnlosen Geschwärme aufhören. Ganz so toll war Mo auch nicht, er war höchstens ein bisschen toll, also kein Grund, direkt so zu übertreiben.
Dann erkannte er auch den Fehler und mit einem leichten Lächeln nahm er ihm die Karte aus der Hand, drehte sie um und ließ so das grüne Lämpchen aufleuchten, was anzeigte, dass die Tür offen war.

Warum wollte dieses blöde Ding denn nicht gehen? Mo war kurz vorm Verzweifeln. Immer und immer wieder versuchte er es und schob die Karte rein. Doch nichts rührte sich. Das war doch aarrrrrrrrrr…
Er entschied sich gerade dafür zum Trainer zu gehen, damit er ihm eine neue Karte gab oder sich zumindest darum kümmerte, dass er in sein Zimmer kam, als ihm plötzlich die Karte aus der Hand genommen wurde. Na nu? Erschrocken drehte Mo sich ein wenig zur Seite und sah den Keeper an. Wo war der denn auf einmal hergekommen? Egal, so sparte er sich den Weg zum Trainer, denn Marc drehte die Karte einfach und schob sie richtig rum rein. Sofort machte es klick und die Tür ging auf. Wie peinlich! Da hatte er die ganze Zeit versucht, die Karte falsch herum zu benutzen. Kein Wunder also, warum die Tür nicht aufgehen wollte. Sowas konnte aber auch nur einem Moritz Leitner passieren. Am liebsten hätte er sich jetzt in ein Mauseloch verkrochen und wäre im Erdboden versunken. Verlegen sah er überall hin, nur nicht Marc an. Seine Wangen brannten in einem leuchtenden Rot und glühten regelrecht.
„Danke“, nuschelte Mo und floh dann in das Zimmer. Ließ dabei aber seinen Koffer draußen stehen.

Süß, war alles, was Marc zu Mos Gesichtsfarbe und seiner Verlegenheit einfiel. Dabei war das doch überhaupt nicht schlimm, Marc hatte selber schon häufiger den gleichen Fehler gemacht und ratlos vor verschlossener Tür gestanden. Nur deshalb war er auch erst so schnell darauf gekommen, was man ändern musste, um die Tür zu öffnen. Der Stuttgarter floh schon fast vor ihm und Marc starrte ihm einen Moment traurig hinterher. Irgendwie hatte er das unbestimmte Gefühl, dass er in Moritz' Nähe nie irgendwas richtig machte. Allgemein machte wohl zu viel falsch, sodass er es dann nicht mal eben so abstellen konnte, sobald es um jemanden ging, der ihm wirklich etwas bedeutete.
Seufzend griff er sich den Koffer und zog ihn den halben Meter noch mit ins Zimmer, das war ja echt kein Ding. Noch immer wollte Mo wohl einer roten Ampel Konkurrenz machen und Marc sah sich schon fast genötigt, gegen diesen Umstand vorzugehen.
"Hey, das ist doch nicht schlimm, das passiert jedem mal", lächelte er ihn aufmunternd an. Vielleicht half das ja ein bisschen.

Im Zimmer atmete der kleine Halbösi erst mal tief durch und versuchte sich zu beruhigen. Das war doch nicht mehr zum Aushalten. Ständig blamierte er sich bis auf die Knochen. Es verging eigentlich kein Tag, an dem er seine Tollpatschigkeit nicht unter Beweis stellte und alle, die ihn kannten, schüttelten mittlerweile darüber nur noch den Kopf. Und hielten ihn wahrscheinlich insgeheim für total bescheuert. Denn es war schon nicht mehr normal, was Mo da manchmal fabrizierte. Er hoffte nur, dass Marc nicht auch so dachte. Das würde sonst nicht unbedingt ein angenehmes Zusammenwohnen werden.
Als er Schritte hinter sich hörte, drehte Mo sich rum. Marc hatte ebenfalls das Zimmer betreten und zog Mo´s Koffer hinter sich her. Sofort lief dieser wieder rot an und senkte den Blick. Er konnte sich nur wiederholen. Das war PEINLICH! Die lieben Worte des Anderen machten es auch nicht besser.
„Mir passiert sowas aber öfters als 'mal'. Eigentlich schon fast täglich“, meinte er dann leise. Betrachtete dabei aber lieber seine Schuhspitzen, als Marc anzugucken und zupft ein wenig an seinem Pullover herum.

Jetzt schien der Kleinere es schon schlimm zu finden, dass Marc ihm einen halben Meter seine Sachen hinterher getragen hatte. Das konnte der doch jetzt nicht ernst meinen? Vermutlich sollte Marc froh sein, dass Moritz nicht mit Leno in einem Raum gelandet war, der hätte ja sonst was mit seinem Kleinen angestellte. Sein Kleiner... Er sollte echt mal wieder mehr nachdenken. Das würde ihm gut tun, dann schloss sein Gehirn solch alberne Formulierungen von Beginn an aus.
Unbeeindruckt zuckte Marc mit den schultern. War doch kein Ding, wirklich nicht. Vielleicht war er im Fall Mo nicht so ganz objektiv, aber Recht hatte er, ganz einfach weil er nun mal immer Recht hatte.
Das sah er wirklich nicht besonders dramatisch, wenn Moritz ein bisschen tollpatschig war. Eigentlich fand er es eher... süß.

War das Schulter zucken jetzt gut oder schlecht? Mo wusste es nicht. Aber da Marc auch nichts sagte oder irgendwie anderweitig auf seine Aussage reagierte, beließ er es dabei und schnappte sich seinen Koffer. Er wollte jetzt endlich duschen und sich dann ins Bett kuscheln. Irgendwie war er nämlich total müde. Außerdem brauchte er Morgen seine Kraft für´s Training. Er wollte unbedingt aufgestellt werden, doch dazu musste er eben im Training überzeugen. Und da war es schon mal eine gute Idee, wenn er ausgeschlafen war. Deswegen kramte er etwas umständlich sein Duschzeug hervor. Normalerweise würde er ja seinen Koffer einfach auskippen und dann suchen. Doch Mo wusste nicht, wie Marc darauf reagiert. Er wollte sich lieber nicht noch mehr blamieren. Veranstaltete also lieber noch mehr Chaos in seinem Koffer, bis er endlich das Gesuchte gefunden hatte.
„Ich geh fix duschen.“ Wobei das 'fix' relativ war. Wer Mo kannte, wusste, dass er, wenn er einmal unter der Dusche stand, nicht so schnell wieder kam. Genauso verhielt es sich im Pool oder Meer. Einmal im Wasser, war alles zu spät. Aber er war nun mal eine kleine Wasserratte und liebte es, wenn dieses Element seinen Körper umspielte. So auch heute.
Nachdem er seine Klamotten ausgezogen und einfach auf die Fließen im Bad geschmissen hatte, stieg er in die Dusche und drehte das Wasser auf. Mit einem kleinen Seufzen quittierte er die ersten Strahlen, die auf seine Haut trafen und ihn massierten. Das tat gut. Genießend stand Mo einfach mit geschlossenen Augen still da.
Irgendwann, geraume Zeit später, stieg er fertig geduscht und gewaschen wieder raus und griff nach einem der flauschigen Handtücher, in das er sich einwickelte. Gemütlich trocknete er sich ab und wollte dann nach seinen Schlafsachen greifen, doch da war nichts. Er hatte nur sein Duschzeug mit ins Bad genommen. Seine Klamotten hatte er im Zimmer vergessen. Super! Also musste er so raus. Band sich nur das Handtuch um die Hüften und trat wieder ins Zimmer…

Mo stellte seinen ganzen Koffer auf den Kopf und Marc ließ sich erst mal auf die Seite des Bettes sinken, die er schlichtweg schöner fand. Er hoffte nur, der Kleinere würde das akzeptieren und nicht seine Seite haben wollen. Das konnte Marc gar nicht ab, wenn man ihn aus seiner Seite vertreiben wollte. Wie er seine Reaktion auf Moritz kannte, würde er ihm die nämlich glatt überlassen und dann nicht ordentlich schlafen können. Es war verrückt, aber Marc schlief nun mal schlecht, wenn er nicht genau dort lag, wo er sonst auch immer schlief.
"Klar", nickte er und drängte gewaltsam alle Gedanken zurück, wie der Stuttgarter unter der Dusche stand. Jetzt musste das nun echt nicht sein, allgemein musste das nicht sein, wenn er so darüber nachdachte. Er wollte endlich wieder normal werden und nicht bei allem, was Moritz tat oder nicht tat, darüber nachdenken müssen, was das jetzt für ihn bedeutete. Die Antwort kannte er doch eigentlich, trotzdem musste er da immer wieder drauf hoffen. Dabei bedeutete Marc ihm genau so viel, wie jeder andere Teamkollege das tat. Das war zwar schade, aber man konnte es nicht ändern.
Entschlossen rappelte er sich nach gefühlten Ewigkeiten, in denen Mo in die Dusche verschwunden war, auf und machte sich daran, die paar Teile aus seinem Koffer in den Schrank zu räumen. Viel machte er sich nicht aus Klamotten und das übertrug sich auch auf seine Art, Koffer nur mit dem Nötigsten zu füllen.
Dann öffnete sich die Tür jedoch und einen Moment erstarrte er, fing sich aber schnell wieder. Der nackte Oberkörper brachte ihn komplett aus dem Konzept, anmerken ließ er sich das jedoch nicht. Stattdessen konzentrierte er sich schon fast übertrieben darauf, die Shirts im Schrank nochmal glatt zu streichen. Eine leicht sinnlose Beschäftigung, aber er wollte Moritz einfach nicht mehr angucken müssen.

Mo tapste zu seinem Koffer. Vorbei an Marc, der irgendwie total konzentriert seine Sachen in den Schrank hang und sie dann auch noch glatt strich. Er selber machte sich nie solche Mühe und schmiss einfach immer alles nur rein. Scheiß egal, wie es lag oder hang. Aber vielleicht sollte er sich ja mal ein Beispiel an dem Anderen nehmen? Schlecht wäre das auf jeden Fall nicht. Dann müsste er nicht immer ewig seine Klamotten suchen, weil alles durcheinander purzelte. Und in seinem Koffer sollte Mo auch mal dringend Ordnung schaffen. Vielleicht würde er auch so sein Schlafshirt finden.
Man, er hatte doch, abgesehen von den DFB-Sachen, nur ein weißes Shirt eingepackt und das zog er immer zum Schlafen an. Also musste das doch auch irgendwo hier sein. Zumal er ja auch allgemein jetzt nicht so viele Klamotten mithatte.
Missmutig fing Mo an Stück für Stück seine Sachen aus dem Koffer zu werfen, in der Hoffnung, dass zum Schluss nur noch sein weißes Schlafshirt drin war. Dabei verteilte er alles um sich herum auf dem Boden, doch was er suchte, fand er nicht. Also wühlte er auf dem Boden weiter. Kroch teilweise auf allen vieren herum und fand es dann endlich versteckt unter seinem Lieblingspullover. Triumphierend stand er auf und rammelte sich dabei den Kopf an dem Tisch, der neben ihm stand.
„Autsch“, entfloh es Mo und er rieb sich die schmerzende Stelle. Aber wenigstens hatte er sein Shirt. Jetzt musste er nur noch seine Shorts… ah, da waren sie ja. Kurz hielt er inne. Sollte er jetzt zurück ins Bad, um sich umzuziehen oder nicht? Ein bisschen unsicher stand er für ein paar Sekunden im Zimmer, bis er sich selbst einen Idioten schimpfte. Marc hatte ihn ja schon nackt unter der Dusche gesehen und außerdem waren sie zwei Kerle. Also ließ er einfach sein Handtuch fallen.

Irgendwann fiel Marc nichts mehr ein, was er noch an seinem Schrank machen konnte und was verhinderte, dass er seinen halbnackten Teamkollegen angucken konnte. Das nannte man dann wohl Schicksal.
Mit seinem Handy in der Hand ließ er sich wieder auf seine Seite des Bettes fallen, die garantiert auch seine bleiben würde, und versuchte, eine SMS an einen Kumpel zu schreiben, der ihn ermahnt hatte, sich auch bloß zwischendurch zu melden. So wirklich gut klappte das nicht und als Marc sich bewusst wurde, was er da für einen Mist schrieb, war er kurz versucht, sein Handy frustriert aus dem Fenster zu schmeißen. Vielleicht sollte er echt mal probieren, nicht alle fünf Sekunden einen verstohlenen Blick zu Moritz zu werfen, um das Chaos skeptisch zu begutachten, was der Ex-Dortmunder verursachte. Wie um alles in der Welt konnte man so ein Chaot sein?
Dann gab es auch noch ein lautes Krachen, als er endlich halbwegs zufrieden mit dem Text war, den er da fabriziert hatte. Erschreckt drückte er einen falschen Knopf und musste dann beobachten, wie seine liebevoll geschriebene SMS verschwand. Leider nicht zu dem geplanten Empfänger, sondern ins Niemandsland. Aber darum wollte er sich jetzt nicht kümmern, stattdessen wandte er sich Moritz zu, der leise fluchte und sich offensichtlich irgendwo den Kopf gestoßen hatte. Marc wollte schon aufspringen und ihm irgendwie helfen, als Mo sein Handtuch fallen ließ und Marc somit eine perfekte Sicht auf seinen Körper bot. Scheiße... Er schaffte es nicht, nicht hinzugucken. Prima, dann konnte er doch das nächste Mal auch direkt auf seinem pinken Einhorn angeritten kommen, wenn er seine Sexualität so an die große Glocke hängte.

Ja, Mo war ein Chaot. Ein Chaot und ein Tollpatsch, wie er heute den ganzen Abend schon unter Beweis gestellt hatte. War er schon immer gewesen. Seine Mutter ist früher regelrecht wegen ihm verzweifelt. Aber irgendwie, so sehr er sich auch anstrengen mag, machte er dann nur noch schlimmer, als besser. Deswegen ließ er es lieber gleich und lebte damit. War es ja ohnehin schon gewohnt, sich regelmäßig zu blamieren.
Mo zog sich seine Shorts an und stellte fest, dass er sich auch noch eine seiner engsten ausgesucht hatte. Naja, was soll´s. Wieder ausziehen wollte er sie jetzt auch nicht. Marc würde ihn dann sicher für total bescheuert halten. Was er vermutlich ohnehin teilweise tat.
Schnell schlüpfte er dann auch noch in sein Shirt und schmiss anschließend seine, auf dem Boden verteilten, Klamotten einfach wieder in den Koffer. Darin Ordnung schaffen, konnte er ein anderes Mal. Oder auch nie, was wohl eher der Fall war.
Marc hatte es sich schon auf einer Seite des Bettes gemütlich gemacht, also nahm Mo einfach die andere Seite. Ihm war egal, wo er schlief. Hauptsache er hatte ein einigermaßen bequemes Bett.
„Du kannst ins Bad, wenn du magst.“

Scheinbar schien Moritz etwas blind zu sein, denn er reagierte absolut überhaupt nicht auf Marcs Angestarre. Da hatte er ja echt nochmal Glück gehabt und irgendwann schaffte auch er es, ihn nicht mehr so übertrieben anzuglotzen. Dass Mos Shorts wie eine zweite Haut anlagen und im Prinzip so alles zeigten, machte es zwar nicht unbedingt besser, aber in seinem Gehirn hatte sich doch noch ein Funken Verstand finden lassen. Die Einräumtechnik des Koffers war ebenso ungewöhnlich wie die Ausräumtechnik und für jemanden, der auf Ordnung einen solch großen Wert wie Marc legte, ein absoluter Graus.
Es schien sich keine Diskussion um die Bettseiten anzubahnen und er war froh darüber. Das wollte er echt nicht haben.
Die Information, die Moritz ihm gab, war ein wenig überflüssig, aber das störte Marc nicht. Eigentlich fand er ja alles toll, was sein Zimmerpartner so machte, das musste er sich zu seiner Schande eingestehen. Lächelnd nickte er und erhob sich dann, griff sich Duschgel und Shampoo, die er bereits rausgesucht hatte, gemeinsam mit seinem Outfit für die Nacht.
Dann verschwand er ins Bad und unter die Dusche. Nach fünf Minuten war er fertig und rubbelte sich grob die Haare trocken, sodass ihm immer noch einige Tropfen über den Körper liefen. Na ja, egal. Schnell schlüpfte er in seine ausgeleierte Jogginghose und ein altes T-Shirt. In diesem Outfit tapste er zurück ins Zimmer, wo er sich auf sein Bett sinken ließ.

Mo machte es sich im Bett gemütlich und kuschelte sich unter seine Decke. Zog sie bis zur Nasenspitze und wartete dann auf Marc. Im Gegensatz zu ihm selbst war dieser sehr schnell mit duschen fertig und war keine fünf Minuten später wieder im Zimmer. Mo war beeindruckt. So schnell hatte er auch noch niemanden duschen erlebt. Er würde das nie im Leben schaffen. Dafür fand er es viel zu schön unter dem heißen Wasserstrahl zu stehen. Da konnte man so schön entspannen.
Die Stille, die dann im Zimmer herrschte, war Mo irgendwie unangenehm. Normalerweise hatte er immer ein Thema, über das er mit seinem Zimmerkameraden reden konnte. Doch die kannte er ja sonst auch. Marc dagegen noch so gar nicht. Wusste also demnach auch noch gar nicht, was dieser mochte oder was ihn interessierte. Das machte das Ganze ziemlich schwierig. Zudem viel ihm auch nicht wirklich was ein, was er sagen könnte. Er wollte sich nicht noch mehr blamieren.
„Wollen wir vielleicht mal gucken, ob was im Fernsehen kommt oder willst du schlafen?“, fragte Mo dann doch leise und sah Marc vorsichtig an.

Keiner sagte mehr etwas, aber das störte Marc nicht unbedingt. Er war keine Plaudertasche und er konnte auch gut damit leben, wenn es mal einen Moment ruhiger war.
Zufrieden zog er die Bettdecke über seinen Körper und schloss dann kurz die Augen. Es sollte wirklich nur ein Moment sein, in dem er darüber sinnieren wollte, ob er sich jetzt nochmal fürs Zähneputzen hoch quälte, aber irgendwie schien das sein Unterbewusstsein nicht so ganz verstanden zu haben, denn er schlief tatsächlich einfach so ein, hörte auch nicht mehr, was Moritz ihn fragte.
Sein Körper brauchte Ruhe und Erholung und die bekam er jetzt.

Im ersten Moment war Mo ziemlich… platt. Sollte er es jetzt lustig finden, dass Marc hier einfach so einschlief, ohne nochmal Guten Nacht zu sagen oder ob er eher beleidigt sein sollte. Er wusste es nicht. Und da er ja eh nichts dagegen machen konnte, quälte er sich nochmal mühsam hoch, um das Licht auszumachen, bevor er wieder ins warme Bett kroch und selbst die Augen schloss. Er war nämlich auch verdammt müde. Deswegen schlief er auch sehr schnell ein.
Nachts warf er sich dann allerdings ziemlich unruhig hin und her. Schlief recht unruhig und träumte irgendeinen Mist. Unterbewusst rutschte er dabei immer näher an den Keeper heran. Lag irgendwann mit seinem Kopf auf dessen Schulter, während sich eine Hand unter die Decke von Marc stahl und kurz unterhalb des Bauches liegen blieb. Mo bekam davon nichts mit. Er schlief tief und fest und ruhig.

Marc schlief so gut wie schon lange nicht mehr. Vermutlich hatte er auch nicht besser geschlafen, als er noch als Vierjähriger nachts in das Bett seiner Mutter gekrochen war und sich an sie gekuschelt hatte.
Als er die Augen aufschlug, fühlte er sich also frisch und ausgeruht und ihm fiel auch direkt auf, dass irgendetwas nicht stimmte. Normal lag nämlich niemand auf ihm drauf, wenn er morgens aufwachte. Und vor allem hatte er keine Hand fast auf seinem Schwanz liegen, die natürlich auch nicht einfach so dort liegen musste. Nein, die Hand hatte durchaus schon einiges angerichtet und Marc blickte recht fassungslos auf seine Morgenlatte, das gab es doch jetzt nicht... Irgendwer hatte es doch auf ihn abgesehen, sonst würde wohl kaum Moritz gerade so auf ihm liegen. Der brauchte ja nur seine Augen öffnen, um zu bemerken, dass etwas nicht stimmte. Das Problem war, dass Marc natürlich auch keine Ahnung hatte, was er jetzt tun sollte. Deshalb verließ er sich auf seinen guten, alten Fluchtinstinkt und sprang schon beinahe aus dem Bett, wobei er Moritz sehr wahrscheinlich mit aufweckte und rannte dann panisch, ohne sich einmal umzudrehen, ins Bad, wo er schnell den Schlüssel umdrehte und sich dann auf der anderen Seite an die Tür gelehnt abwärts rutschen ließ. Scheiße, ging es eigentlich noch auffälliger?

Unsanft wurde Mo am nächsten Morgen aus seinem tiefen Schlaf gerissen, als sich plötzlich sein Kissen in Luft auflöste und er mit dem Kopf ruckartig auf der Matratze landete. Verwirrt und noch total verschlafen, blinzelte er und sah sich um. Brauchte einen Moment, bis er wieder wusste, wo er war und dass er sich eigentlich das Zimmer mit Marc-André ter Stegen teilte, der gerade ins Bad rannte und die Tür hinter sich zu schmiss. Mo sah gerade noch dessen Rücken. Sofort machte er sich Gedanken, was passiert sein konnte. Ohne Grund suchte man am Morgen nicht das Bad so schnell auf. Besorgt stand er deswegen auf und klopfte vorsichtig an der Tür.
„Marc? Ist alles ok bei dir? Brauchst du vielleicht einen Artz oder so?“ Vielleicht hatte der Blonde ja gestern irgendwann was Schlechtes gegessen und ihm war jetzt schlecht? Kann doch sein. Mo machte sich wirklich Sorgen.

Natürlich konnte man ihn nicht einfach hier sitzen lassen und nicht nachfragen, man musste ihn dabei stören, wie er sich überlegte, was um Himmels Willen er jetzt mit seiner Erektion machen sollte. In Luft auflösen würde die sich kaum und er wusste auch nicht, ob er sich hier und jetzt einen runterholen sollte. Wahrscheinlich würde er es sogar schaffen, dabei komplett leise zu sein, es war ihm aber doch ein bisschen sehr riskant. Allerdings sah er auch keine andere Möglichkeit.
"Alles okay, ich musste nur ganz dringend auf Toilette", log er durch die Tür und klappte möglichst geräuschvoll und demonstrativ den Klodeckel hoch. Jetzt wusste er immer noch nicht, wie er sein Problem löste, aber zumindest würde Moritz sich damit hoffentlich zufrieden geben. Seufzend legte er doch vorsichtig eine Hand um seinen Schwanz und biss sich dann fest auf die Lippe, um kein Geräusch von sich zu geben. Da hatte er sich ja wieder in was reingeritten...

Erleichtert atmete er erst mal durch, als er Marc´s Worte hörte und es ihm scheinbar gut ging und er keinen Arzt brauchte. Aber irgendwie war er dennoch skeptisch. Konnte man wirklich so dringend auf´s Klo müssen, dass das ganze Bett wackelte, wenn man aufstand? So ganz konnte er sich das nicht vorstellen. Immerhin war er ja genau davon aufgewacht und weil er das Gefühl hatte, sein Kopfkissen wäre plötzlich verschwunden. Doch das lag genau da, wo es hingehörte, wie er mit einem Blick zum Bett feststellte. Merkwürdig. Sehr merkwürdig. Und eindeutig zu früh, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Vielleicht hatte er das aber auch nur geträumt. Wer weiß.
Mo war immer noch total müde und verschlafen, weil er so plötzlich aus dem Schlaf gerissen wurde. Außerdem war ihm kalt. Er krabbelte wieder ins Bett und wartete, dass Marc wieder aus dem Bad kam. Dabei döste er noch ein wenig vor sich hin.

Schnell fuhr seine Hand auf und ab und er hatte nur ein Ziel: So schnell zu kommen wie möglich. Die leisen Seufzer, die ihm ab und zu durch seine zusammen gebissenen Zähne entwichen, hörte man vermutlich nicht mal in der anderen Ecke des Badezimmers, das ging schon in Ordnung, Marc zumindest war extrem stolz auf sich, als er über seine eigene Hand abspritzte. Schnell hielt er die Hand unter den Wasserhahn und musste dann beobachten, wie sein Sperma von seiner Haut gespült wurde. Dann griff er sich in einem plötzlichen Anfall von seltsamen Gefühlen seine Zahnbürste und putzte sich schnell die Zunge, immerhin wollte er Moritz nicht mit seinem Mundgeruch belästigen, wenn er sich jetzt wieder neben ihn legte. Absichernd sah er erst an sich selber herunter und kontrollierte dann auch, ob sich im Bad irgendwelche Hinweise auf seine vorherige Tätigkeit finden ließen. Da er nichts entdecken konnte, schloss er die Tür auf und schlich sich wieder ins Zimmer, wo er zurück unter die ausgekühlte Bettdecke kroch. So wirklich toll war das gerade nicht, wie er fand. Eigentlich hatte er es lieber warm.

Mo wachte davon auf, als er eine leichte Bewegung neben sich spürte. Langsam öffnete er seine Augen und sah, dass Marc zurück war und sich wieder zu ihm ins Bett legte. Kritisch betrachtete er ihn, um sicher zu gehen, dass es ihm auch wirklich gut ging, so wie er gesagt hatte. Denn irgendwie bezweifelte er das immer noch ein bisschen. Für nur einmal schnell auf Toilette müssen, hatte der Keeper doch ganz schön lange gebraucht. Zudem hatte er ein ziemlich rotes Gesicht, als hätte er sich irgendwie angestrengt. Allgemein sah er etwas… mitgenommen aus, wie Mo fand.
„Sicher, dass es dir gut geht?“, wollte er daher nochmals wissen. In seiner Stimme klang eindeutig Besorgnis mit. „Wenn es nicht so sein sollte, dann sag es ruhig. Ist auch nicht schlimm. Ich hol dann einfach den Doc. Ist gar kein Problem…“ War es wirklich nicht. Mo würde es sogar gerne tun, wenn er helfen konnte.

Marc merkte natürlich, dass Moritz ihn seltsam anguckte, aber er verzog keine Miene. Davon würde er sich jetzt nicht ablenken lassen, es ging darum, einen Preis für die unbeteiligste Haltung zu gewinnen. Oder so halt... Er sollte sich halt einfach nicht anmerken lassen, was war.
Dass der Stuttgarter dann auch nochmal nachfragte, brachte sein Herz dazu, schneller in seiner Brust zu schlagen, dabei sollte ihm das gar nichts bedeuten. Es war eine Frage, wie man sie jedem beliebigen Mitspieler stellte.
"Danke, aber mir geht's echt gut", lächelte er ihn an und drehte sich dann um, damit Moritz ihm nicht länger ins Gesicht gucken konnte, da fühlte er sich so beobachtet. Lieber schlief er noch eine Runde, da konnte er sich wenigstens nicht bei verplappern.